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Politik: Misstrauen mit Macht

Darf Oskar Lafontaine Linkspartei-Chef werden?

Von Matthias Meisner

Berlin - Jahrelang haben sich die Grünen mit dem Thema herumgeschlagen, nun steht der Linkspartei die Debatte bevor: Die WASG, die sich im kommenden Jahr mit der PDS zu einer Partei zusammenschließen will, drängt auf die Trennung von Amt und Mandat bei der Besetzung der Spitzenämter. Sollte sie sich mit dieser Forderung durchsetzen, wäre ausgerechnet ihr prominentester Politiker betroffen, Oskar Lafontaine. Die Spitzen beider Parteien haben sich intern schon vor Wochen verständigt, dass der Chef der Bundestagsfraktion im Juni 2007 zum Vorsitzenden der vereinigten Linkspartei gewählt werden soll.

Die Steuerungsgruppe mit Vertretern beider Parteien hat erst vor wenigen Tagen erneut über das heikle Thema Trennung von Amt und Mandat beraten. „Trotz Austausch vieler Argumente“ habe es „keine Einigung“ gegeben, heißt es im Protokoll. Die PDS lehnt die WASG-Forderung ab. Der WASG-Vorsitzende Klaus Ernst warnte seine Genossen am Dienstag, mit Maximalforderungen in die Verhandlungen zu gehen. Das Projekt einer vereinigten Linken wäre sonst „erledigt“, sagte er dem Tagesspiegel. Ernst wirbt für einen Kompromiss, nach dem die Zahl der Vorstandsmitglieder, die zugleich Abgeordnete im Bundestag oder einem Landtag sind, beschränkt würde. Auch Ulrich Maurer, Parlamentsgeschäftsführer der Linken im Bundestag, machte klar, dass er von einer grundsätzlichen Trennung von Amt und Mandat nichts hält. Er sprach von einer „sehr prinzipiellen Position“ der WASG-Gründergeneration, bei der es sich um eine merkwürdige Form von „Selbstüberlistung“ handele.

Doch für die Spitzenleute der WASG, die sehr pragmatisch die Fusion mit der PDS einfädeln, ist Misstrauen der Basis nichts Neues. Kürzlich rügte der geschäftsführende WASG-Vorstand in einem Rundbrief eine „für die WASG so typische Unkultur der Vereinfachungen und Verdrehungen“. Ein Teil der Mitglieder wolle gar keine neue linke Partei, „sondern das schon Erreichte wieder zerstören“. Ernst und sein Vorstandskollege Axel Troost, beide seit Herbst im Bundestag, wollen wegen der parteiinternen Debatte zu Amt und Mandat auf dem nächsten WASG-Bundesparteitag im November nicht wieder für die Führung kandidieren. Mit Blick auf die Parteibildung sei das „nicht sehr dienlich“, gibt Ernst zu – und verweist auf seine guten Kontakte zur PDS-Spitze: „Man kennt sich.“ Auch Troost sieht „eine Menge von Gefahren“ für die Fusion der Parteien, „wenn im Galopp die Pferde gewechselt werden“.

Offiziell hat Lafontaine seine Kandidatur als Parteichef nicht angemeldet. Seine Unterstützer halten deshalb wenig von Störfeuer. Ernst meint, Lafontaine sei „mit seiner Erfahrung und Professionalität“ unverzichtbar für die Parteispitze, er sei „draußen das Zugpferd“. Während die Bundestagsfraktion Lafontaine eben erst mit einem Traumergebnis im Chef-Amt bestätigt hat, hat sich das an der Basis offenbar noch nicht überall herumgesprochen.

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