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Politik: Mit dem Kreuz gegen den Krieg

Kirchenvertreter aus Europa, den USA und dem Nahen Osten wenden sich in einem Berliner Appell gemeinsam gegen einen Militärschlag

Nie waren die europäischen Kirchen so einig wie beim Thema Irak. Führende Vertreter von Kirchen aus Europa, den USA und dem Nahen Osten warnen in einem bisher einmaligen Appell eindringlich vor einem Krieg. Zugleich kritisieren die protestantischen und orthodoxen Bischöfe und Kirchenpräsidenten in scharfer Form die Politik der USA: „Wir bedauern, dass die mächtigsten Nationen der Welt Krieg wieder als ein akzeptables Mittel der Außenpolitik betrachten“, heißt es in dem am Mittwoch in Berlin verabschiedeten Aufruf. Dadurch werde ein Klima der Furcht, Bedrohung und Unsicherheit geschaffen. Die Ziele, die von den Regierungen und insbesondere den USA zur Begründung eines Krieges gegen den Irak genannt würden, seien inakzeptabel, betonen die Unterzeichner des Aufrufs, zu denen auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gehört. „Ein präventiver kriegerischer Angriff als Mittel, um die Regierung eines souveränen Staates auszuwechseln, ist unmoralisch und stellt eine Verletzung der UN-Charta dar.“

Die Initiative zu dem kurzfristig angesetzten Treffen war von der EKD ausgegangen. „In dieser Krise wollten wir ein deutliches Zeichen setzen“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock. Auch die Konferenz Europäischer Kirchen und der Ökumenische Rat der Kirchen, der 400 Millionen Christen weltweit vertritt, schlossen sich der Einladung an. Die Teilnehmer des Treffens in Berlin kamen unter anderem aus Großbritannien, Frankreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Griechenland und den Niederlanden. Außerdem war ein Vertreter aus dem Nahen Osten dabei. Aus den USA war der Generalsekretär des Nationalen Kirchenrates, Bob Edgar, angereist. „Für uns ist dieser Appell sehr hilfreich“, sagte Edgar. Die Erklärung sei ein „historischer Augenblick“. Der Nationale Kirchenrat spricht sich ebenfalls gegen einen Krieg aus.

Eine politische Stellungnahme sollte der Aufruf nicht werden, sagte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Konrad Raiser. „Es handelt sich um ein Zeugnis, das aus der Überzeugung des christlichen Glaubens kommt.“ Dennoch formulieren die Kirchenvertreter klare politische Forderungen, die sie am Mittwoch auch in einem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder erläuterten. Den UN-Waffeninspekteuren müsse mehr Zeit eingeräumt werden. „Wir glauben, dass militärische Gewalt ein ungeeeignetes Mittel ist, um die Abrüstung irakischer Massenvernichtungswaffen zu erreichen“, heißt es in der Erklärung. Den Menschen im Irak müsse die Hoffnung gegeben werden, dass es Alternativen sowohl zur Diktatur als auch zu einem Krieg gebe, betonen die Kirchenvertreter. Wie diese Alternative aussehen könnte, sagen sie allerdings nicht. Der Irak wird in der Erklärung aufgefordert, Massenvernichtungswaffen zu zerstören, mit den Inspekteuren zusammenzuarbeiten und die Menschenrechte zu achten. Ein Krieg hätte unannehmbare Folgen für die Situation der Menschen im Irak, warnten die Kirchenvertreter. Im Falle einer militärischen Aktion drohten Bürgerkrieg und Destabilisierung der ganzen Region.

Ein Krieg gegen den Irak könnte von den Opfern als religiöser Krieg aufgefasst werden, warnte Keith Clements von der Konferenz Europäischer Kirchen. Den Menschen in der muslimischen Welt müsse die Furcht genommen werden, „die sogenannte westliche Christenheit stelle sich gegen ihre Kultur, Religion und Werte“, heißt es in der Erklärung. Kock warnte zudem davor, einen Militärschlag religiös zu begründen.

Die Unterzeichner hoffen, dass sich dem Aufruf noch weitere Kirchen anschließen. Auf die Frage, ob sie mit diesem Appell auf US-Präsident George W. Bush Einfluss nehmen wollten, sagte Kock: „Wir hoffen, dass Gott Herzen bewegen kann.“

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