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Politik: Mit der Macht der Verfassung

Nur ganz wenige Iren - und wohl noch weniger Irinnen - freuen sich auf den 6. März: Diesen Termin wählte die irische Regierung am Freitagabend für eine neuerliche Volksabstimmung über die Abtreibungsfrage.

Nur ganz wenige Iren - und wohl noch weniger Irinnen - freuen sich auf den 6. März: Diesen Termin wählte die irische Regierung am Freitagabend für eine neuerliche Volksabstimmung über die Abtreibungsfrage. Schon 1983 und 1992 war die Verfassung diesbezüglich ergänzt worden, und beide Male erwies sich die öffentliche Debatte als bitter und verletzend. Diesmal wird die Bevölkerung aufgefordert, auch noch das letzte - völlig theoretische - Schlupfloch zu verschließen, das einen Schwangerschaftsabbruch in Irland erlaubt: 1992 hatte das Oberste Gericht Irlands im Falle des 14-jährigen "Mädchens X" eine Abtreibung erlaubt, weil das vergewaltigte Mädchen mit Selbstmord gedroht hatte.

In der Zwischenzeit ist nur ein einziger vergleichbarer Fall bekanntgeworden, und nach wie vor gibt es in Irland keinen Schwangerschaftsabbruch. Wohl aber reisen jedes Jahr mindestens 7000 Irinnen nach Großbritannien, um dort abtreiben zu lassen. Daran wird auch die jüngste Referendumsvorlage nichts ändern, die Regierung will nur die Selbstmorddrohung als Indikation ausdrücklich ausschließen. Zu diesem Zweck hat das Parlament bereits ein Gesetz verabschiedet, das die Bürgerschaft nun an der Urne gutheißen soll. Damit könnte das Gesetz nur durch ein erneutes Verfassungsreferendum verändert werden.

Das Gesetz definiert erstmals auch den Beginn des schützenswerten Lebens. Anstatt der Zeugung - wie strenggläubige Katholiken wünschten - wird die Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter gewählt. So lehnen nun erzkonservative Kreise die Vorlage, die nur auf ihr Drängen überhaupt zustande kam, überraschend ab. Die Oppositionsparteien sind ebenfalls dagegen, wobei nur die Labour-Partei (10 bis 15 Stimmenprozent) bereit ist, die Abtreibung in gewissen, eng begrenzten Fällen offiziell zu legalisieren. Eine erste Meinungsumfrage ergab vorige Woche nur 39 Prozent Befürworter. Es besteht also keine Garantie, dass sich die Regierung mit ihrem trotzigen Plan durchsetzt.

Martin Alioth

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