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Politik: Mit Gift und Galle

Nach der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein liegen die Nerven bei CDU und SPD blank

Schlechter könnte die Stimmung in der großen Koalition in Kiel kaum sein: Nach dem Wahldebakel für die CDU und die SPD bei den Kommunalwahlen am Sonntag in Schleswig-Holstein gehen die beiden Landesparteichefs verbal aufeinander los. Der Auftritt des Ministerpräsidenten und CDU-Vorsitzenden Peter Harry Carstensen vor den TV-Kameras sei „hochmütig“ gewesen, tönte der SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner. Der Gescholtene hielt seinem Gegenspieler vor, er möge bei den erzielten „kümmerlichen“ Ergebnissen doch mehr „Demut zeigen“. Die SPD habe die Linke erst hoffähig gemacht, polterte Carstensen. Dass die beiden sich nicht leiden können, ist seit langem bekannt. Der Frust über das Wahlergebnis heizte die Animositäten nun zusätzlich an.

Die CDU bleibt zwar mit 38,6 Prozent stärkste Kraft im Land, doch büßte sie gegenüber 2003 satte 12,2 Prozentpunkte ein und verfehlte das selbst erklärte Wahlziel von 40 Prozent plus x. Katzenjammer auch bei der SPD: Die Sozialdemokraten landeten mit 26,6 Prozent bei einem historischen Tief und büßten noch einmal 2,7 Prozentpunkte ein.

2010 kommt es in Kiel zu Landtagswahlen. Und bis auf die Tatsache, dass die SPD den Abstand zur CDU verringern konnte, hat sie ihre Herausfordererrolle – gerade auch in der Person von Landeschef Stegner – nicht gerade gestärkt. Überdies wird sie auf der anderen Seite des Farbenspektrums von der Linken bedrängt, die 6,9 Prozent erzielte. Der SPD-Vorsitzende beeilte sich, zu erklären, dass der aktuelle Urnengang keine landespolitischen Rückschlüsse zulasse. So schnell wie möglich will er nun eine Parteikonferenz einberufen.

Der FDP-Oppositionsführer im Kieler Landtag, Wolfgang Kubicki, dessen Partei landesweit um 3,3 Prozent auf neun Prozent zulegte, strotzte vor Selbstbewusstsein. Er forderte angesichts des Zustandes der großen Koalition vorgezogene Neuwahlen. Die Union warnte er vor Selbstzufriedenheit. „Die Menschen sind der großen Koalition überdrüssig. Wenn die CDU so weitermacht, verspielt sie die bürgerliche Mehrheit.“

Die Kritik von Bündnis 90/Grüne, mit 10,3 Prozent und einem Plus von 1,9 Prozentpunkten drittstärkste Partei im Norden, geht in die gleiche Richtung. „Regieren CDU und SPD so inhaltslos und zänkisch weiter, werden sie bei einer Landtagswahl noch dramatischer verlieren. Die große Koalition steht am Abgrund“, kommentierte Grünen-Landeschef Robert Habeck das Wahlergebnis.

Frohlocken kann auch die Linke. Sie hat viele Protestwähler angezogen. Allerdings blieben viele Politikverdrossene gleich zu Hause. Mit 49,5 Prozent wurde ein neuer Tiefstand in der Wahlbeteiligung verzeichnet. Nur 2006 in Hessen lag sie bei einer Kommunalwahl in einem westlichen Bundesland mit knapp 46 Prozent noch niedriger. Wegen des Schwächelns der großen Parteien werden die Kommunalparlamente künftig viel bunter zusammengesetzt sein.

Dieter Hanisch[Kiel]

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