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Transatlantischer Geist. Kohl, Clinton, Merkel bei der Preisverleihung.

© dapd

Mit Lob von Clinton: Helmut Kohl erhält Henry-Kissinger-Preis

Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl wird für seine Verdienste um die Demokratie und die Einbindung des vereinten Deutschland in die transatlantische Gemeinschaft mit dem Henry-Kissinger-Preis geehrt.

Solche Abende sind selten geworden für Helmut Kohl: stehender Applaus von 250 Gästen in einem voll besetzten Zelt für den ehemaligen Bundeskanzler schon bevor er ein Wort gesagt hat. Und mit Bill Clinton ein ehemaliger US-Präsident, der sagte, er habe irgendwann gewusst, er müsse Helmut Kohl nur folgen, dann sei er auf dem richtigen Weg.

Der sichtlich gerührte 81-jährige Kohl ließ keinen Zweifel daran, dass er diese Verleihung des Kissinger-Preises an ihn in der American Academy als besonders empfand. Im Rollstuhl war er auf die Bühne gekommen, nicht alle Worte waren zu verstehen, aber da war wieder der Pfälzer, nur dass ihm der Dialekt die Zunge heute etwas schwerer macht als früher. Er wisse, dass dieses Publikum nicht typisch sei für ein deutsches Publikum, das sich meist dem Negativen zuwende. Aber Deutschland könne und solle stolz sein auf das Erreichte und die Zukunft anpacken. Der Preis zeige: „Wir sind wieder mitten in der Welt“. Er redete, wie nur Helmut Kohl redet. Die Deutschen hätten mit der Einheit das große Ziel erreicht, er hoffe, dass viele junge Menschen nach Amerika führen und „aus Milwaukee nach Rheinland-Pfalz zurückkämen und sagten, ich bin ein Bürger dieser modernen Welt.“ Und: „Wir müssen auf diesem Weg weitergehen, egal wie schwierig er ist“, mahnte Kohl nicht zuletzt mit Blick auf die griechische Misere. Er plädiere dafür, an die Zukunft zu denken „und es uns was kosten lassen, dass wir anderen helfen.“

Laudator Bill Clinton, mit getragener rauer Stimme, Lesebrille und auch er sichtbar älter geworden, würdigte seinen „persönlichen Freund“ Helmut Kohl in einer sehr persönlichen Rede. Dazu gehört natürlich auch ein kleines Geheimnis: Seine Frau, Außenministerin Hillary Clinton, möge Kohl ebenso, er sei der einzige Politiker, der noch größeren Appetit habe als er selbst.

Vor allem aber lobte Bill Clinton Kohl als den wichtigsten europäischen Staatsmann nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende. Es habe fünf wichtige Fragen gegeben, die Helmut Kohl sämtlich richtig beantwortet habe, schwärmte Clinton vom ewigen Kanzler, der damals zunächst George Bush senior die Daumen für die Präsidentschaftschaft gedrückt hatte. Die Einheit, die Europäische Union, vor deren möglicher Stärke sich viele Amerikaner gefürchtet hätten, die Nato, zu der Kohl stand und bei der sein „Instinkt“ ihm gesagt habe, die Türen offen zu halten, und die Zustimmung zum ersten Out-of-area-Einsatz der Nato in Bosnien, „wo Menschen starben wie die Fliegen“. Ganz besonders das Verhältnis zu Russland sei wichtig gewesen. Clinton witzelte über damalige Präsidentschaftsbewerber, aber zog den Hut vor dem Kanzler. Er habe keine Ahnung, was passiert wäre, wenn Deutschland Russland nicht zur Seite gestanden hätte – „das war für Jahre ein Alptraum“. Kohl habe die Entscheidungen aussehen lassen, als seien sie einfach gewesen, doch das sei nicht der Fall gewesen.

Für Kanzlerin Angela Merkel war es ein schwieriger Abend. Auch Bill Clinton hatte die Werte der Gemeinsamkeit unterstrichen wie vor ein paar Wochen die Ministerin Clinton an dieser Stelle. Merkel versuchte nun, praktisch mit einem Satz, viel wieder einzufangen, was zwischen ihr und ihrem politischen Ziehvater Helmut Kohl, aber auch was im Verhältnis zu den USA zu Bruch gegangen war. „Wir wissen, die wir heute politisch arbeiten, auf welchem Fundament wir aufbauen. Wir werden es mit Sorgfalt verwalten und gestalten.“ Und mit Kontinuität. So versöhnlich wollte Helmut Kohl offenbar nicht sein – in seiner Begrüßung jedenfalls erwähnte er Angela Merkel nicht.

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