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Politik: Mit Reagans Sohn gegen Bush

Auf dem Parteitag der US-Demokraten setzt Präsidentschaftskandidat Kerry auf bekannte Familien

Einer fehlt. Das ist Zell Miller, der demokratische Senator aus dem Bundesstaat Georgia. An seinem Alter, er ist 72 Jahre alt, liegt es nicht. Der Mann ist kerngesund. Vor zwölf Jahren, beim Parteitag der Demokraten in New York, sprach Miller am Eröffnungsabend. Er verdammte George H.W. Bush und pries Bill Clinton. Und in diesem Jahr? Da wird Miller wieder auf einem Parteitag in New York reden – dem der Republikaner. Die Demokraten, sagt er, seien ihm zu links geworden.

Solche Übertritte ärgern eine Partei. Nach Kräften also versuchten die Demokraten, es den Republikanern heimzuzahlen. Das Ergebnis heißt Ron Reagan. Er ist der jüngere Sohn des vor kurzem verstorbenen Ex-Präsidenten. Alles, was mit Ronald Reagan zu tun hat, ist den Konservativen heilig. Deshalb schmerzt es sie sicher, dass der 46-jährige Ron an diesem Dienstag in Boston auftritt. Er wird Präsident George W. Bush für die Einschränkung der Stammzellenforschung kritisieren. In seiner ersten größeren Rede im neuen Amt hatte Bush am 9. August 2001die Bundeszuschüsse für die Stammzellenforschung erheblich reduziert. Ronald Reagan war an Alzheimer gestorben. Optimistische Wissenschaftler glauben, mit Hilfe der Stammzellenforschung diese Krankheit bekämpfen zu können. Auch einige prominente Republikaner sind in dieser Frage anderer Meinung als Bush.

Schon bei der Beerdigung seines Vaters piesackte Ron Reagan die Republikaner. „Vater war ein tief religiöser Mann“, sagte er, „aber er machte nie den fatalen Fehler, den so viele Politiker begehen, seinen Glauben wegen politischer Vorteile vor sich her zu tragen.“ Das wurde als deutliche Anspielung auf Bush verstanden. Allerdings ist Ron Reagans Auftritt in Boston selbst unter Liberalen umstritten. Er sei weder ein berühmer Demokrat, noch ein Ethik-Experte oder gar kompetent in Wissenschaftsfragen, schrieb ein Kommentator der „Washington Post“. Er stünde nur im Rampenlicht, weil er der Sohn seines Vaters sei.

Diesen Vorwurf muss sich der wahre Star des heutigen Dienstags, Senator Edward Kennedy, nicht anhören. Der 72-Jährige wird am Abend die Hauptrede halten. Ihm hat Kerry viel zu verdanken. Ohne den Einsatz von Kennedy hätte Kerry wahrscheinlich nicht die Vorwahlen in Iowa für sich entschieden, die ihm den Durchbruch bescherten. Zum Dank gibt es in der „Symphony Hall“ in Boston ein Konzert. Auftreten werden unter anderem Bono von der Popgruppe U2 und die Cellistin Yo-yo Ma. Kerrys Wahlkampf sei wie eine Sauerstoffzufuhr für seinen Vater, sagt der Abgeordnete Patrick Kennedy. Das freilich hat auch stark mit Bush zu tun, von dem Kennedy maßlos enttäuscht ist.

Kennedy und Kerry kennen sich seit 1971, sitzen seit vielen Jahren für denselben Bundesstaat, Massachusetts, im Kongress, ließen sich beide in den achtziger Jahren scheiden und heirateten in den neunziger Jahren neu. Mehr als hundert Hotelzimmer wurden in Boston für den Kennedy-Clan gebucht. Führende Demokraten sagen, die Rede von Edward Kennedy – ob angriffslustig oder staatsmännisch – wird den Ton des Parteitags prägen.

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