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Politik: Mitfühlender Dracula

Das Schattenkabinett von Michael Howard soll den Tories das Image der sozialen Härte nehmen. Doch der Chef ist das größte Problem

Die wundersame Auferstehung der britischen Konservativen trug am Montag durch eine Zwei-Millionen-Pfund-Spende des ehemaligen Parteischatzmeisters Lord Ashcroft Früchte. „Michael Howard hat alles, was es braucht, um den Kampf mit Labour aufzunehmen“, lobte der Hauptaktionär der in Belize ansässigen Carlisle Holdings den neuen britischen Oppositionschef, „umso besser, dass die Partei ganz hinter ihm steht“. Auch der wichtigste Geldgeber, der Unternehmer Stuart Wheeler, signalisierte neue Spendenfreude. 2001 hatte er fünf Millionen Pfund gegeben, aber vor zwei Wochen eröffnete er mit der Androhung von Spendenentzug die Jagd auf den dann abgesetzten Iain Duncan Smith.

Nun rüsten sich die Tories politisch für neue Taten. Parteichef Howard stellte am Montag das Schattenkabinett vor. Nach britischer Tradition muss eine Opposition jederzeit für die Regierungsübernahme gerüstet sein – auch wenn dieser Fall derzeit eher unwahrscheinlich scheint. Nach einer „TimesUmfrage liegen die Tories sechs Prozentpunkte hinter Labour.

Howard begnügte sich denn auch mit einem kleinen, schlagkräftigen Team, das nach Worten des neuen Generalsekretärs Liam Fox „die gescheiterte Labourregierung attackieren wird".

Howard habe „das alte Thatcher-Team" wieder aktiviert, höhnte hingegen die Labourspitze. Die Anspielung zielte vor allem auf die Ernennung von Maurice Saatchi – den Begründer der gleichnamigen Werbeagentur – zu Fox’ Co-Generalsekretär. Saatchi soll die einst gefürchtete Parteimaschine der Tories wieder flott machen. Doch die Briten werden Howards Team schwerlich mit den umstrittenen Thatcherjahren in Verbindung bringen. Oliver Letwin, neuer Schattenschatzkanzler, war zuvor als Schatteninnenminister fast liberaler als Labour Minister David Blunkett.

Auch der Ressortverwalter, David Davies, der mit seinem Verzicht den Weg Howards an die Spitze frei machte und vom rechten Flügel kommt, wird kaum einen radikaleren Rechtskurs als Blunkett steuern. Die zentralen Reformressorts, Gesundheit und Bildung, soll mit Tim Yeo ein Mann vom linken Flügel verwalten, und mit dem Ressort des Verfassungsministers und der Kontrolle von Labours tief greifenden Verwaltungs- und Justizreformen hat Howard gar den europhilen David Curry beauftragt.

Es ist ein Kabinett, das die Parteiflügel nach alter Tory-Tradition in einer „All Nation“-Koalition zusammenbringt. In einem weiteren geschickten Schachzug will Howard die alte Parteiprominenz – von John Major über den früheren Torychef William Hague bis zu dem Wortführer der Pro-Europäer, Ken Clarke, in einer Art Ältestenrat hinter sich bringen.

Seit Thatchers Sturz waren die Tories nicht mehr so zuversichtlich. In den Umfragen sind sie zwar abgeschlagen, doch wenn die Briten trotz wachsender Steuerbelastung keine Reformfortschritte bei Labour erkennen, könnte der Ruf nach tief greifenden Systemreformen lauter werden. Die Streitfrage Europa ist ohnehin entschärft: Labour musste den Euro selbst von der Tagesordnung nehmen. Und im Übrigen können sich die Tories auch darauf einigen, ein Referendum über die geplante EU-Verfassung zu fordern.

Howards schwerste Aufgabe ist, das Image der Tories als Partei der sozialen Härte umzudrehen. Dabei ist er selber das größte Hindernis: Seit seiner Zeit als besonders scharfer Innenminister trägt er, auch wegen seiner rumänischen Abstammung, den Spitznamen „Dracula".

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