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Politik: Mitten in Kinshasa

Der Stützpunkt der deutschen Soldaten bei den Wahlen in Kongo steht fest – er liegt in einem Armenviertel

Das Versprechen gibt es schon. Die EU hat der Friedensmission der UN in der Demokratischen Republik Kongo (Monuc) Unterstützung rund um die ersten demokratischen Wahlen seit mehr als 40 Jahren zugesagt. Und klar ist auch schon, dass sich Deutschland mit 500 Soldaten an dem Kontingent von insgesamt 1500 EU-Soldaten beteiligen wird – das wiederum der deutsche General Karlheinz Viereck führt. Nur beschlossen ist noch nichts. Regierungssprecher Thomas Steg hat nun angekündigt, die Bundesregierung werde am 17. Mai über den Einsatz in Kongo entscheiden. Danach geht die Entscheidung ins Parlament.

Klar ist aber inzwischen, wo die deutschen Soldaten zum Einsatz kommen sollen, nämlich mitten in Kinshasa. Bedenklich niedrig trudelt das Kleinflugzeug über dem dicht bevölkerten Viertel. Vom Fluss Kongo kommend, senkt es sich tief und tiefer auf graue flache Gebäude, überquert auf Brückenhöhe eine der Hauptverkehrsadern Kinshasas – die Straße Poids Lourds – und verschwindet schließlich hinter den Mauern des kleinen Stadtflughafens N’dolo. Vor zehn Jahren erlangte N’dolo traurige Berühmtheit, als eine russische Transportmaschine mitten in einen belebten Markt stürzte und hunderte Menschen tötete. An der Stelle erstreckt sich heute eine Grünfläche. Zu beiden Seiten quetschen sich winzige Läden und verfallene Fabrikgebäude. Auf der anderen Straßenseite sitzen Straßenverkäufer unter Bäumen, im Rücken die Mauern des Flugfeldes.

Hinter diesen Mauern soll nun, nach Informationen aus UN-Kreisen, das Hauptquartier der EU-Mission für Kongo entstehen. Aus dem europäischen Einsatzführungskommando in Potsdam gibt es dazu mit Verweis auf den „laufenden Planungsprozess“ keine Stellungnahme. Aber es gibt wohl keinen Zweifel mehr, dass die deutschen Soldaten von dieser Stelle aus die Wahlen beobachten werden.

„Ein sichtbares Zeichen setzen“ wolle sie, heißt es gleichlautend aus Kreisen der EU- und der UN-Mission. Das ist bei einer Stärke von einigen hundert Soldaten in einer Sieben-Millionen-Stadt kein leicht zu erfüllender Anspruch. Da scheint der Standort N’dolo gut gewählt, denn er liegt mitten in der Stadt. Mitten in der Stadt, das bedeutet: Die Militärs haben nicht den internationalen Flughafen am Stadtrand gewählt. Das hätte einzig das Signal gesendet, dass man lediglich die Evakuierung von Europäern im Sinn hat. Aus demselben Grund war wohl auch der vornehme Stadtteil Gombe ausgeschlossen, wo neben superreichen Kongolesen nur Diplomaten und Ausländer leben. Stattdessen liegt N’dolo zwischen überfüllten Stadtvierteln wie Funa, Barumbu und dem noch immer legendären Matonge. Der Stadtteil mit dem Beinamen „Cité d’ambiance“ war einst wegen seines Nachtlebens berühmt-berüchtigt und leiht einem Brüsseler Stadtteil bis heute seinen Namen.

Für die europäischen Soldaten bedeutet der Standort vor allem die Konfrontation mit dem alltäglichen Kampf der einfachen Leute gegen die Armut. Französischkenntnisse wären hier besonders hilfreich. Aber wenn die unzähligen Straßenkinder ihnen sagen, dass sie Hunger haben, werden die Soldaten es wohl auch so verstehen.

Judith Reker[Kinshasa]

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