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In Gebärdensprache. Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) demonstrierte am Mittwoch ihre Kenntnisse. Foto: dpa

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Politik: „Mittendrin und dabei“

Als Teil eines Aktionsplans erhalten Behinderte freie Fahrt im Nahverkehr

Berlin - Die Bundesregierung will den rund 9,6 Millionen Menschen mit Behinderungen in Deutschland das Alltagsleben erleichtern. Das sieht ein Nationaler Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vor, den das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. Nicht die Behinderten sollten sich an die Gesellschaft anpassen müssen, sondern der Alltag müsse so organisiert sein, dass sie „selbstverständlich mittendrin und dabei sind“, sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Ab September sollen rund 1,4 Millionen gehbehinderte, blinde oder gehörlose Menschen freie Fahrt in allen Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn haben. Damit gebe es für die freifahrtberechtigten Schwerbehinderten erstmals eine lückenlose Regelung, sagte von der Leyen. Bisher gab es Freifahrten im Nahverkehr nur 50 Kilometer rund um den Wohnort.

Um die Integration von Behinderten ins Berufsleben zu fördern, will die Bundesregierung in den nächsten Jahren 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Davon sollen 1300 neue Lehrstellen für Jugendliche in Betrieben geschaffen werden, weitere 10 000 schwerbehinderte Jugendliche sollen zudem auf eine Ausbildung vorbereitet werden. Außerdem sollen in den nächsten vier Jahren 4000 neue Arbeitsplätze für Schwerbehinderte über 50 Jahren geschaffen werden. Zu den 200 Maßnahmen, die in dem Aktionsplan genannt werden, gehört auch das Ziel, mehr Arztpraxen barrierefrei zu gestalten, so dass sie für Behinderte problemlos zugänglich sind. Bisher ist das nur bei zehn Prozent der insgesamt 145 000 Praxen der Fall.

Behinderten- und Sozialverbände kritisierten die Pläne als unzureichend. Angesichts von über 180 000 arbeitslosen Schwerbehinderten sei das Ziel, 4000 neue Stellen für Ältere zu schaffen, „ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher. Der Deutsche Behindertenrat monierte, es fehlten deutliche Zielvorgaben. Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben (ISL) kritisierte, die Bundesregierung nehme „selber keinen einzigen Cent“ in die Hand. Die 100 Millionen Euro stammten komplett aus der Ausgleichsabgabe, die Unternehmen zahlen müssen, die zu wenig behinderte Mitarbeiter beschäftigen.

Die Caritas forderte die Länder auf, für Eltern von behinderten Kindern in den Schulgesetzen einen Rechtsanspruch einzuführen, dass ihr Kind in einer Regelschule gefördert werden kann. Derzeit besuchen nur 20 Prozent der Kinder mit Förderbedarf gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern die Schule.

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