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Politik: Möglichst wenig Angriffsfläche

Die Bundesregierung bindet ihre Kritiker ein

Berlin - Es gibt noch eine Grenze, aber Bernd Pfaffenbach musste schon sehr genau darauf hinweisen, als er jüngst die Agenda von Heiligendamm vorstellte. „Der Dialog mit den Kritikern klappt sehr gut – ich will aber nicht von Zusammenarbeit sprechen“, sagte der Staatssekretär, der das Gipfeltreffen für Bundeskanzlerin Angela Merkel vorbereitet. Der 61- jährige Routinier hat schon ihren Vorgängern Helmut Kohl und Gerhard Schröder gedient, diesmal aber kümmert er sich besonders um die Einbindung der Nichtregierungsorganisationen (NGO). „Wir bieten wenig Angriffsflächen“, begründet er das Engagement.

Schon länger gibt es durchaus enge Kontakte zwischen der jeweiligen G-8- Präsidentschaft und den Lobbyisten für eine bessere Welt. Ein Höhepunkt in dieser Hinsicht war das Gipfeltreffen unter britischer Präsidentschaft in Gleneagles vor zwei Jahren. Doch Heiligendamm wird mithalten können, Bono geht schon seit Monaten bei den höchsten deutschen Politikern ein und aus. Die Kanzlerin hat er mehrfach getroffen, er war auch bei Bundespräsident Horst Köhler und Finanzminister Peer Steinbrück, und er saß auch schon auf dem schwarzen Ledersofa in Pfaffenbachs Büro.

Ähnlich präsent ist zwar auch sein Popstar-Kollege Bob Geldof, doch geht es nicht nur um Glamour: Ende April stellten sich die „Sherpas“ der G-8-Staaten – also die Topberater der Staats- und Regierungschefs – in einem zweitägigen „Dialogforum“ in Bonn der Kritik. Die Tagesordnung von Heiligendamm sei in Sachen Afrika viel zu unverbindlich, monierte zum Beispiel der Verband der Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (Venro) mit rund 100 Mitgliedsorganisationen.

Sicher ist: Der Einwand dürfte die Agenda von Heiligendamm nicht entscheidend verändert haben – der Dialog ist aber für die Bundesregierung ein Wert an sich. So wurde Afrika von einem der Berliner Strategen auch schon als das „Thema mit Herz“ umschrieben, das die Kritiker besänftige. Aus Regierungskreisen verlautete bereits im Oktober, wie sehr Deutschland bemüht sei, „keine Verhältnisse wie in Genua und anderswo“ zu bekommen. Man sei um „eine ausgewogene Themengestaltung“ bemüht, „so dass uns niemand eine rein kapitalistische Tagesordnung vorwerfen kann“.

Pfaffenbach drückte sich in einem Tagesspiegel-Interview im Dezember versöhnlicher aus. „Unsere Tagesordnung hat ja nichts Aggressives, sondern wir wollen den Wohlstand in der Welt mehren, vor allem in den nicht so reichen Ländern.“ Nur: So sehr die Angriffsflächen in den vergangenen Monaten geschrumpft sein mögen – mit den Razzien vom Mittwoch könnten sie wieder erheblich gewachsen sein.

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