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Mohammed-Karikaturen: Iran heizt Konflikt weiter an

Teheran setzt im Streit um die Mohammed-Karikaturen auf Provokation. Alle Handelsbeziehungen mit Dänemark wurden abgebrochen, eine iranische Zeitung will einen "Karikaturen-Wettbewerb zum Holocaust" ausrufen. Erneut gab es Tote bei gewaltsamen Protesten.

Kabul/Teheran/Berlin - In Afghanistan, wo die radikal-islamischen Taliban zum Heiligen Krieg gegen Dänen aufriefen, starben drei Demonstranten beim Sturm auf ein norwegisches Soldatenlager. Damit sind bei Protesten gegen die von Muslimen als Gotteslästerung empfundenen Zeichnungen bislang mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen.

In der nordafghanischen Stadt Maymana hatten nach Angaben eines Armeesprechers in Oslo etwa 300 Steine werfende Demonstranten das norwegische Lager der Internationalen Schutztruppe Isaf gestürmt. Die Soldaten setzten Tränengas und Gummigeschosse ein, um die Demonstranten zurückzudrängen. Einige der 33 norwegische Soldaten seien leicht verletzt worden. Jagdflugzeuge flogen im Tiefflug über das Gelände, um die Menge abzuschrecken.

Insgesamt demonstrierten landesweit mehrere tausend Afghanen gegen die Karikaturen. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, die Rebellen würden besonders dänische Soldaten ins Visier nehmen. Dänemark stellt rund 160, Norwegen mehr als 500 Soldaten der Isaf. Die Bundeswehr hat über als 2000 Soldaten am Hindukusch stationiert. Trotz der Protestwelle in Afghanistan und im Irak will Dänemark an seinen Militäreinsätzen dort festhalten. Auch in Ägypten, Jemen, Iran und Pakistan gingen erneut insgesamt zehntausende Muslime auf die Straße.

Als Reaktion auf die Karrikaturen plant die große iranische Zeitung «Hamschahri» einen «internationalen Karikaturen-Wettbewerb zum Holocaust». Der Gewinner solle eine Goldmünze erhalten, hieß es in einer Mitteilung der Zeitung «Hamschahri». Das Blatt gehört zu den größten des Landes. Sie ist im Besitz der Stadt Teheran und wurde vorübergehend vom jetzigen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad geleitet, als er noch Teheraner Bürgermeister war.

Chamenei: Israel ist schuld

Der oberste Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, rechtfertigte die Proteste, die sich aber nach seinen Worten nicht gegen Christen richten. «Diese Wut (unter den Muslimen) ist gerechtfertigt und sogar heilig. Sie wendet sich jedoch nicht gegen die Christen weltweit, sondern gegen einige diabolische Kräfte, die an dieser teuflischen Affäre beteiligt sind.» Chamenei, der in allen Staatsangelegenheiten das letzte Wort hat, beschuldigte stattdessen Israel. Die Affäre um die Karikaturen sei eine «Verschwörung der Zionisten, um Spannungen zwischen Muslimen und Christen zu erzeugen».

Der iranische Außenamtssprecher Hamid-Resa Assefi sagte, die europäischen Regierungen sollten sich förmlich für die Beleidigung Mohammeds entschuldigen. Bereits am Montag hatte Teheran die Handelsbeziehungen mit Dänemark abgebrochen. Auch die Handelsbeziehungen zu anderen europäischen Staaten würden überprüft, hieß es.

Die Europäische Union warnte islamische Staaten vor einem Boykott dänischer Waren. «Ein Boykott dänischer Erzeugnisse ist per Definition ein Boykott europäischer Güter», sagte ein Kommissionssprecher in Brüssel.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte in einem Telefongespräch mit dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen Besorgnis über anti-dänische Ausschreitungen. Die Krawalle seien bei allem Verständnis für die verletzten Gefühle der Muslime «inakzeptabel». Auch Politiker aller anderen Parteien in Deutschland äußerten sich sich besorgt über eine mögliche Eskalation. Die Bundesregierung vermeide jeden Schritt, der die Emotionen weiter anheizen könnte, sagte Außenamts-Staatsminister Gernot Erler.

Putin: "Unzulässige Provokation"

Der russische Präsident Wladimir Putin verurteilte die Veröffentlichung der Zeichnungen als «unzulässige Provokation» von Muslimen. «Bevor man etwas veröffentlicht, (...) sollte man hundert Mal nachdenken», sagte Putin. Der Kremlchef bedauerte nach Angaben der Agentur Interfax die Entwicklung des Konflikts auf beiden Seiten, ohne dabei die Angriffe auf die europäischen Botschaften in mehreren islamischen Ländern ausdrücklich zu kritisieren.

Dänemarks Außenminister Per Stig Möller protestierte telefonisch bei seinem iranischen Kollegen Manuchehr Mottaki gegen den mangelnden Schutz der dänischen Botschaft in Teheran, nachdem dort hunderte Demonstranten die Vertretungen Dänemarks und Österreichs angegriffen und erheblichen Schaden angerichtet hatten. Vor der dänischen Botschaft in Teheran kam es am Dienstag erneut zu Protesten. Auch die norwegische Botschaft wurde attackiert. Es flogen Steine und Brandsätze. Nach Augenzeugenberichten gingen viele Fensterscheiben zu Bruch, das Haupttor geriet in Brand. Die Polizei hinderte die rund 100 Demonstranten am Erstürmen der Botschaft im Norden Teherans und vertrieb sie schließlich. (tso/dpa)

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