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Politik: Moldawien streitet über Gedenktag

Voller Spannung blickt Moldawien auf eine bevorstehende Entscheidung des Verfassungsgerichts am Donnerstag. Dann soll ein Urteil über einen Gedenktag fallen, den die Ex-Sowjetrepublik vor wenigen Tagen zum ersten Mal beging: Interimspräsident Mihai Ghimpu hatte den 28.

Voller Spannung blickt Moldawien auf eine bevorstehende Entscheidung des Verfassungsgerichts am Donnerstag. Dann soll ein Urteil über einen Gedenktag fallen, den die Ex-Sowjetrepublik vor wenigen Tagen zum ersten Mal beging: Interimspräsident Mihai Ghimpu hatte den 28. Juni zum Tag der sowjetischen Okkupation erklärt und in der Hauptstadt Chisinau den Grundstein für ein Denkmal gelegt, das den Opfern gewidmet ist. 13 Regionen sperrten sich nicht nur gegen Gedenkfeiern auf ihrem Territorium, sie forderten vom Verfassungsgericht auch die Abschaffung des neuen Gedenktags.

Was auf den ersten Blick wie ein bloßer Streit um unterschiedliche Geschichtsauffassungen aussieht, könnte zu Unruhen wie jüngst in Kirgistan oder gar zum Bürgerkrieg führen. Denn die rumänischsprachige Mehrheit und die slawische Minderheit sind über die Zukunft ihrer Republik ähnlich zerstritten wie über den Umgang mit der sowjetischen Vergangenheit.

Die Moldawische Sozialistische Sowjetrepublik entstand erst im Juni 1940, als Rumänien in der Folge des Hitler-Stalin- Paktes seine Provinz Bessarabien an Moskau abtreten musste. Um dort den Anteil der rumänischen Volksgruppe zu drücken, verfügte Stalin zunächst die Zwangsvereinigung der Region mit Transnistrien, wo Russen und Ukrainer siedeln. Nach dem Ende der Sowjetunion drängte die rumänische Volksgruppe 1991 auf Wiedervereinigung mit dem Mutterland, während Transnistrien nach einem Bürgerkrieg unabhängig wurde.

Russland, dessen Friedenstruppen bis zum heutigen Zeitpunkt in Transnistrien stehen, schwang sich nicht nur zur Schutzmacht der Separatisten auf, sondern auch der slawischen Bevölkerung in Moldawien. Interimspräsident Ghimpu musste sich beim Wochenrückblick des russischen Staatsfernsehens am letzten Sonntag sogar als „Vaterlandsverräter“ und „Totengräber der moldawischen Staatlichkeit“ beschimpfen lassen. Moskau kreidet ihm nicht nur den neuen Gedenktag übel an, sondern auch, dass er bei seiner Wahl im letzten Herbst die Wiedervereinigung mit Rumänien als „unvermeidlich“ bezeichnet hatte.

Der Streit darüber, ob sich Moldawien eher an der Nato und der EU orientieren soll, wie es die rumänische Volksgruppe will, oder eine von der slawischen Bevölkerung geforderte engere Bindung an Moskau anstreben soll, hatte bereits im April 2009 schwere Unruhen ausgelöst. Nun könnte der Streit der Volksgruppen um den künftigen Status Moldawiens erneut eskalieren.

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