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Ein Arzt in der Notaufnahme eines Krankenhauses. (Symbolbild)

© Andreas Arnold/dpa

Morgenlage aus der Hauptstadt: Umfrage: Über die Hälfte der Ärzte hat in Corona-Krise weniger zu tun

Umfrage zeigt ungleiche Auslastung im Krankenhaus + Horst Seehofer unter Druck + Handelsverband fordert Grenzkontrollen-Stopp

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Wer steht mächtig unter Druck? Innenminister Horst Seehofer. Heute wird die EU ihren Mitgliedstaaten empfehlen, wie sie am besten beim schrittweisen Abbau der Corona-Beschränkungen an den Grenzen vorgehen. Laut dem Entwurf verzichtet sie auf strikte Zeitvorgaben – womit der Ball in Deutschland beim Bundesinnenminister liegt. Er muss heute oder morgen entscheiden, in wie weit die hiesigen Regelungen bei den EU-Grenzkontrollen gelockert werden.

Lange Wartezeiten gibt es auch am Grenzübergang Stadtbrücke von Görlitz nach Zgorzelec.
Lange Wartezeiten gibt es auch am Grenzübergang Stadtbrücke von Görlitz nach Zgorzelec.

© imago /Future Image

Derzeit können meist nur Berufspendler und Handelswaren aus den aus den Nachbarländern nach Deutschland rein und raus. Doch eine Grenze ist nur richtig offen, wenn sie von zwei Seiten durchlässig ist. Und in Tschechien etwa gelten deutsche Besucher als Risiko. Gerade weil also – bisher – jeder Schengen-Staat eigene Kontrollregeln aufstellt, wird die Sache erst so richtig kompliziert.

Was heißt das für die Unternehmen? Um diese Frage zu beantworten, habe ich exklusiv für die Morgenlage beim Handelsverband Deutschland nachgefragt. Der HDE fordert die EU-Kommission auf, den Binnenmarkt „so schnell wie möglich“ wieder vollständig herzustellen – und hofft im Zweifel auf Deutschland. „Ich setze hier aber auch auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die ab 1. Juli 2020 das Ruder übernimmt“, sagt Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

„Maßnahmen der Regierungen müssen sich am Infektionsgeschehen orientieren, nicht an überwundenen geglaubten Schlagbäumen. Die Vielfalt der Produkte, die unsere Handelsunternehmen den Verbrauchern anbieten können, ist ohne funktionierenden Binnenmarkt nicht denkbar. Der Handel ist außerdem darauf angewiesen, dass seine Beschäftigten aus den Nachbarländern, zuverlässig und unkompliziert zu ihren Arbeitsplätzen gelangen können.“

Wer wird zum Stichwortgeber für Verschwörungstheoretiker? Ein Referent des Bundesinnenministeriums. Der Oberregierungsrat im Referat KM4 „Schutz Kritischer Infrastrukturen“ ist mit einem Dienstverbot belegt worden, weil er in seiner offiziellen Funktion – nämlich unter dem Briefkopf des Ministeriums – die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung als „Fehlalarm“ und „Alarmismus“ kritisiert hat. Auf 83 Seiten erstreckt sich allein die Kurzfassung seiner Privatmeinung, das komplette Konvolut umfasst knapp 200 Seiten. Ihm droht nun ein Disziplinarverfahren.

Doch nach Recherchen meines Kollegen Frank Jansen im Ministerium war der Mann – übrigens ein SPD-Mitglied, das auch einmal Parteivorsitzender werden wollte – nicht der einzige Autor. Intern ist von der „Beteiligung Dritter“ die Rede – und zwar außerhalb des BMI.

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Wer erlebt ein böses Déja Vu?Die FDP. Ihr Thüringer Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich verteidigt weiter seine Teilnahme an einem als „Spaziergang“ deklarierten Protest gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung – zu der aber viele AfD-Anhänger, Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker erschienen. Dabei hatte er doch erst im Februar seine ganze Partei mit dem Tabubruch in eine schwere Krise gestürzt, sich mit AfD-Stimmen zum Landesfürsten wählen zu lassen.

Welches Nachspiel nun Kemmerichs „Sparziergang“ hat, will der FDP-Vorstand heute in einer vorgezogenen Sitzung beraten. FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert ihn zum Parteiaustritt auf. „Wir werden das auf der Bundesvorstandssitzung besprechen“, sagte sie meinem Kollegen Matthias Meisner. „Wenn wir jetzt keine Konsequenzen ziehen, kommt das immer wieder.“ Doch mit Konsequenzen für ein enfant terrible in der Partei ist es schwer – siehe die Causa Boris Palmer.

Hintergründe zum Coronavirus:

Wer hat in der Coronakrise im Krankenhaus weniger zu tun? Die Ärztinnen und Ärzte. Gut 57 Prozent von ihnen geben an, dass die seit März weniger zu tun haben, keine 18 Prozent berichten von einer erhöhten Arbeitslast. Für ein Viertel der Befragten ist das Arbeitsaufkommen unverändert. Das geht aus einer Befragung der Klinikärzte-Gewerkschaft Marburger Bund hervor, die heute vorgestellt wird. Sie liegt den Kollegen von Background Gesundheit bereits vor.

Auch die Gründe können die 8700 Medizinerinnen und Mediziner benennen: weniger planbare Operationen und weniger Notfälle – sowie eine niedrigere Zahl an Covid-19-Patienten als befürchtet. Zwiegespalten ist das medizinische Personal beim Blick in die Zukunft. 41,5 Prozent rechnen nicht mit einer Überforderung des Gesundheitswesens. Doch 44,1 Prozent befürchten genau das.

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