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Für Saskia Esken gibt es zwei Premieren

© Kay Nietfeld/dpa

Morgenlage aus der Hauptstadt: Zwei Premieren für Saskia Esken

Saskia Esken spricht erstmals als SPD-Chefin im Bundestag, dann ist sie erstmals im Koalitionsausschuss +++ FDP schielt auf SPD-Wähler +++ Niedrigzinsen.

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Wer ist kaum zu packen? Angela Merkel. Von der Befragung der Kanzlerin hat sich die SPD bestimmt auch mehr versprochen, als sie Merkel im Koalitionsvertrag zu drei Auftritten im Bundestag pro Jahr verpflichtete. Merkel ist aber einfach nicht zu packen, auch wegen ihrer berüchtigten Detailkenntnisse.

Der Linke Jens Cezanne durfte die gestern erfahren, als er Merkel dazu bringen wollte, sich mit ihm darüber zu erregen, dass ein Berliner Finanzamt dem Verein der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) die Gemeinnützigkeit aberkannt hat. Das Finanzamt habe sich das sicher gut überlegt, gab die Kanzlerin zurück, im Übrigen sei da aber der Berliner Senat viel dichter dran, an dem die Linke ja beteiligt sei.

Als auch noch der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble „aus früherer Verwendung“ (als Bundesfinanzminister…) sein Wissen beisteuerte – „In der Tat sind dafür die Länder zuständig“ – musste selbst der Fragesteller schmunzeln.

Premiere I: Heute treffen sich die neuen SPD-Vorsitzenden mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und CSU-Chef Markus Söder zum Kennenlernen. Norbert Walter-Borjans wies im Vorfeld darauf hin, dass er Markus Söder seit Jahren schon kenne – schließlich waren beide Länderfinanzminister, Walter-Borjans in NRW (2010 bis 2017), der heutige bayerische Ministerpräsident im Freistaat (2011 bis 2018). Saskia Esken ist dagegen die Unbekannte.

Auch ein Koalitionsausschuss ist geplant. Der wird allerdings mit gerade einer halben Stunde Dauer kaum in der Lage sein, Streitfragen aus dem Weg zu räumen. „Da stehen zum Ende des Jahres keine Entscheidungen mehr an“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider voraus.

Er erinnerte daran, dass die damalige SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles sich mit der Union verständigt hatte, dass Koalitionsausschüsse nicht nur Krisentreffen, sondern politische Routine sein sollten. Etwas vorweihnachtliche Ruhe und Normalität täte dieser Koalition sicher ganz gut.

Premiere II: Im Plenum des Bundestags spricht mittags die Abgeordnete Saskia Esken zum ersten Mal in ihrer Eigenschaft als SPD-Vorsitzende – und zwar in der Aktuellen Stunde der Koalition zum Thema „Trotz unzureichender Ergebnisse der UN-Klimakonferenz in Madrid – Deutschland bleibt auf Kurs“.

Mit anderen Worten: Es geht darum, dass die Koalition sich selbst lobt, obwohl erst die Grünen dafür sorgten, dass das zwischen den beiden Regierungsparteien ausgehandelte Klimapaket verschärft wurde und der CO2-Preis mehr als verdoppelt wurde. Das ist auch im Sinne von Esken, die den Koalitionskompromiss zuvor scharf kritisiert hatte und das neue Ergebnis schon gelobt hat. Womöglich bringt es die SPD-Chefin deshalb ausnahmsweise einmal fertig, die Koalition zu loben.

Wer schielt auf enttäuschte SPD-Wähler? Marco Buschmann. Der FDP-Fraktionsmanager im Bundestag sieht im aktuellen Linksruck der SPD eine Chance für die eigene Partei. Buschmann ist überzeugt, dass die Neuausrichtung der SPD viele Anhänger politisch „heimatlos“ macht.

Gemeint sind damit alle jene, die sich einem „Leistungsethos verpflichtet fühlten, etwa die Facharbeiter unter den SPD-Wählern. Die will Buschmann nun für die FDP gewinnen: „Wir gehen jetzt auf diese Leute zu“, sagt er – und meint das durchaus ernst. Das sei „keine Kopfgeburt von irgendwelchen FDP-Kommunikationsstrategen“.

Die Liberalen hätten ehemaligen SPD-Wählern viel zu bieten: von Steuer-Entlastungen bis zum Versprechen vom Aufstieg durch harte Arbeit. Diese Botschaft will Buschmann ins sozialdemokratische Milieu tragen – und damit zwei bis drei Prozentpunkte aus dem „SPD-Elektorat“ in Richtung FDP „herüberschwenken“. Ob der verwegene Plan aufgeht?

Wer ist auf Rekordniveau? Trotz Niedrigzins-Phase haben die gesetzlichen Kassen mit ihrem Pflegevorsorgefonds in diesem Jahr eine nie dagewesene Rendite erzielt. Nach Informationen des Tagesspiegel Backgrounds belief sich der Jahresertrag des bei der Bundesbank angelegten Sondervermögens Ende Oktober auf 10,2 Prozent – bei einem Anstieg der Verbraucherpreise um gerade mal 1,1 Prozent.

Umgerechnet erhöht sich das Fonds-Volumen dadurch um mehr als 600 Millionen Euro. Zurückzuführen ist der Rendite-Rekord vor allem auf Aktiengewinne. Zum Vergleich: Den nur kurzfristig anlegbaren Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung droht zum Jahresende wegen Strafzinsen ein Minus von 68 Millionen Euro. Die Zahlen zum Pflegefonds stammen aus der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Kordula Schulz-Asche.

Demnach hat der Pflegevorsorgefonds seit seiner Auflage vor vier Jahren noch niemals eine derart hohe Rendite erzielt. 2018 fuhr er noch ein Minus von 1,5 Prozent ein. Zurückzuführen seien die auffälligen Ertragsschwankungen vor allem auf Entwicklungen des Aktienmarkts, erläuterte die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Sabine Weiss.

Bis Oktober habe man mit den Aktien im Portfolio mehr als 20 Prozent Gewinn erzielt, bestätigte eine Ministeriumssprecherin. Die Entscheider-Briefings vom Tagesspiegel Background können Sie hier abonnieren.

Wer feiert? Stephan Harbarth (48, CDU, Deutscher Bundestag, Glückwünsche an: Stephan.Harbarth@bundestag.de); Jens Lehmann (52, CDU, Deutscher Bundestag, Jens.Lehmann@bundestag.de); Matthias Miersch (51, SPD, Deutscher Bundestag, Matthias.Miersch@bundestag.de); Birte Pauls (54, SPD, Landtag Schleswig-Holstein, b.pauls@spd.ltsh.de); Guido Heuer (53, CDU, Landtag Sachsen-Anhalt, kontakt@guido-heuer.de); Ulrich Reuter (55, FDP, Landtag Nordrhein-Westfalen, ulrich.reuter@landtag.nrw.de)

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