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Politik: Motorsegler wollte in Büroturm fliegen

Großalarm nach Flugzeugentführung in Frankfurt / Bundeswehr setzt Phantom-Jets ein / Täter geistig verwirrt

Mehr als zwei Stunden lang hat am Sonntagnachmittag eine Flugzeugentführung Frankfurt am Main und Umgebung in Atem gehalten. Gegen 14 Uhr 55 hatte ein 31-jähriger Student im südhessischen Babenhausen mit vorgehaltener Waffe einen Motorsegler in seine Gewalt gebracht und war in Richtung der Mainmetropole gestartet. Über Funk drohte der Mann unter anderem, er werde das Flugzeug gegen das Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) fliegen. Der offenbar geistig verwirrte Mann landete die Maschine nach mehr als zwei Stunden auf dem Frankfurter Flughafen und wurde festgenommen.

In einem über den Tower des Flughafens Frankfurt vermittelten Gespräch mit dem Fernsehsender ntv sagte der Entführer, er wolle auf das Schicksal der vor 17 Jahren bei der Explosion der Raumfähre „Challenger“ zu Tode gekommenen Astronautin Judith Resnik aufmerksam machen, die er als sein „Idol“ bezeichnete. Er versicherte, er wolle niemanden zu Schaden kommen lassen, allenfalls sich selbst bei der Aktion töten.

Die Sicherheitsbehörden stoppten sofort den Flugverkehr auf Rhein-Main. Das entführte Flugzeug, ein leichter Motorsegler, kreiste unterdessen über der Frankfurter Innenstadt in niedriger Höhe um die Hochhäuser, von denen die Polizei einige hatte räumen lassen. Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes drängten die Menschen aus dem Frankfurter Hauptbahnhof in die Straßen der Innenstadt. Über Verkehrsfunk wurden die Autofahrer aufgefordert, das Stadtzentrum zu meiden. Straßen und Brücken waren gesperrt. Das Gebäude der EZB war weiträumig abgesperrt.

Zunächst hatten Polizeihubschrauber das entführte Flugzeug umkreist. Nachdem der Luftraum für den Zivilverkehr gesperrt war, stiegen Phantom-Kampfjets der Bundeswehr auf. Auf die Frage, ob der Motorsegler abgeschossen werden sollte, sagte Frankfurts Polizeipräsident Harald Weiss-Bollandt am Abend: „Die Frage hat sich nicht gestellt.“ Schließlich gelang es, das Flugzeug auf Kurs Rhein-Main zu bringen, wo es um 17 Uhr 11 landete. Über Funk hatte ein Polizeipsychologe Kontakt zu dem Täter. Ein Fluglotse gab dem Mann – nach Polizeieinschätzung „kein geübter Flieger“ – Anweisungen zum Lenken des Flugzeugs. An Bord war nur noch wenig Flugbenzin, so dass zeitweise ein Absturz befürchtet wurde. Die Polizei nahm den Entführer nach der Landung fest. Er leidet nach Darstellung der Polizei unter „erheblichem Realitätsverlust“.

Von der Sperrung des Frankfurter Flughafens betroffen waren 140 Flüge. Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) zeigte sich am Abend erleichtert. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei, Flugsicherung, Verteidigungsministerium und den US-amerikanischen Dienststellen habe hervorragend geklappt, sagte er.

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