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Mühsame Verständigung: Vermittlungsausschuss vertagt Hartz-Entscheidung

Zum Schluss hakt es doch noch mal: Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag kommt mit dem Kompromiss zur Hartz-IV-Reform erneut nicht klar. Er muss noch eine Zusatzrunde einlegen.

Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag hat die Entscheidung über den Hartz-IV-Kompromiss überraschend vertagt. Die Unterbrechung sei auf Wunsch der Unionsseite geschehen, hieß es nach rund sechsstündigen Beratungen in der Nacht zum Mittwoch in Berlin aus Teilnehmerkreisen. Damit setzte sich der mühsame Verständigungsprozess aus den vorangegangenen wochenlangen Verhandlungen noch einmal fort.

Die Gespräche sollen am Mittwochvormittag um 11 Uhr fortgesetzt werden. Als Grund wurde weiterer Abstimmungsbedarf innerhalb der Bundesregierung genannt. Die Länder hadern geschlossen mit dem vom Bund angebotenen Abrechnungsverfahren, das aus ihrer Sicht nicht zeitnah genug ist. Befürchtungen wurden laut, dass der Bund zulasten der Kommunen Zinsaufwendungen einsparen will. Es geht dabei um die Ausgaben für die Bildungsleistungen für bedürftige Kinder.

Offensichtlich sind alle Beteiligten weiter bestrebt, dass die Neuregelung an diesem Freitag von Bundestag und Länderkammer wie geplant doch noch verabschiedet wird. SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sprach nach Ende der Sitzung von einem "Offenbarungseid" von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Diese habe "keinen vernünftigen Gesetzentwurf vorgelegt". Kein Bundesland habe der darin enthaltenen Finanzlösung zustimmen können. Einen zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Bayern abgestimmter Entwurf habe von der Leyen ignoriert.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verließ sichtlich verärgert den Sitzungsraum. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) sagte, man habe bei dem Treffen die technischen Einzelheiten der Protokollerklärungen klären müssen. Es gebe noch Wünsche der Länder. Darüber werde nun bei dem Folgetreffen gesprochen. Volker Beck von den Grünen äußerte die Vermutung, dass die Bundesregierung zulasten der Kommunen sparen wolle.

Mit der - nun noch einmal aufgeschobenen - Neuregelung verbunden ist die rückwirkende Anhebung des Regelsatzes zum 1. Januar um 5 auf 364 Euro. Anfang 2012 ist eine weitere Erhöhung um 3 Euro geplant plus eine prozentuale Erhöhung aus Inflation und Lohnentwicklung.

Für die rund 2,5 Millionen bedürftigen Kinder aus Hartz-IV-Familien, von Geringverdienern und Wohngeldempfängern sind Bildungshilfen vorgesehen. Dazu gehören auch warmes Mittagessen in Schule oder Kita, Zuschüsse für Klassenfahrten und Beiträge für Sport- oder andere Vereine sowie bei Bedarf auch Nachhilfe.

Vor dem Treffen äußerte die parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, Dagmar Enkelmann, scharfe Kritik am Verfahren der Kompromisssuche. Es sei in "Hinterzimmern" unter Ausschluss der Linken verhandelt worden. Dies werde ihre Partei in der angestrebten Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Hartz-IV-Neuregelung ebenfalls mit geltend machen.

Auch Arbeitgeber und Gewerkschaften kritisierten die Finanzierung des Hartz-IV-Kompromisses. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt befürchtet für die Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung "erneut milliardenschwere Belastungen". In der "Süddeutschen Zeitung" warnte er vor einem dauerhaften Defizit der Bundesagentur für Arbeit (BA) und forderte, die Gegenfinanzierung mit Strukturreformen in der Arbeitslosenversicherung sicherzustellen.

Union, FDP und SPD hatten als Teil ihres Hartz-Pakets vereinbart, dass der Bund den Kommunen schrittweise von 2012 an die Kosten für die staatliche Grundsicherung im Alter abnimmt. Im Gegenzug will der Bund der BA weniger Geld geben. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fürchtet daher, es würden dann Milliarden für die notwendige Arbeitsförderung und Qualifizierung fehlen. "Wenn die Bundesregierung der BA vier Milliarden Euro streicht, müssen vor allem Arbeitslose das Bildungspaket und die Hartz-IV-Erhöhung bezahlen". (dpa)

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