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Teile der Innenstadt rund um den Tatort sind abgesperrt.

© Friso Gentsch/dpa

Münster nach der Amokfahrt: „Die Angst war irgendwie weg“

Nach dem tödlichen Angriff mit einem Campingbus ist Münsters Altstadt abgeriegelt. Doch schon ein paar hundert Meter weiter sitzen die Einwohner am Abend wieder in den Kneipen.

Wer Samstagabend gegen 19.30 Uhr mit dem Zug in Münster ankommt, dem wird zunächst nicht auffallen, dass die Stadt und ihre Bewohner einige Stunden zuvor von einer Amokfahrt erschüttert wurden.

Zwei Polizeibeamte patrouillieren, mit Maschinenpistolen durch die Bahnhofshalle. Das ist nichts Ungewöhnliches. Im Eingang hat ein Stand italienische Feinkost aufgebaut. Vor dem Bahnhofgebäude spielen sich Alltagsszenen ab. Zwei junge Männer tragen Taschen voller Bier zur Bushaltestelle. Vor einem Imbiss stehen viele Menschen, warten darauf, dass ihr Döner fertig wird.

Niemand darf in die Altstadt

Ein paar hundert Meter weiter, in der Münsteraner Altstadt sieht es dagegen ganz anders aus. An jedem Gässchen stehen schwer bewaffnete Bereitschaftspolizisten. Sie lassen niemanden durch. Am Tatort wird das Fahrzeug, mit dem der Anschlag begangen wurde, noch von der Polizei eingehend durchsucht.

In einer Tasche, die sich in dem Kleintransporter befindet, vermutete man Sprengstoff. Ob das der Fall ist, wird auch am Abend noch untersucht. Der Kleinbus war in eine Gruppe von Menschen gefahren, die vor dem auch bei Touristen sehr beliebten Restaurant „Großer Kiepenkerl“ an Tischen saßen.

Das Notquartier wird nicht genutzt

In der Altstadt herrscht am Abend eine fast schon unheimliche Ruhe. Bis auf die Polizei und Rettungskräfte ist dort niemand. Kein Wunder: Die Gegend ist abgesperrt. Auch die Bewohner der Altstadt können nicht in ihre Wohnungen zurückkehren. Für sie haben Polizei und Stadt ein Notquartier im städtischen Theater eingerichtet.

Der Tatort. Das Kiepenkerl ist bei Einheimischen und Touristen beliebt.
Der Tatort. Das Kiepenkerl ist bei Einheimischen und Touristen beliebt.

© dpa

Am frühen Abend warten hier allerdings nur sechs speziell geschulte Beamte, die aus verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen nach Münster gerufen wurden, auf Menschen, die sie betreuen können. Ein Beamter erzählt, dass vereinzelt schon Menschen bei ihm aufgetaucht seien. Diese hätten sich allerdings mit der Situation abgefunden, wären weitergegangen in die vielen Kneipen und Cafés, die nicht im abgesperrten Bereich liegen.

"Die Angst war irgendwie weg"

In vielen der Kneipen, auch wenn sie in Sichtweite der Absperrungen sind, herrscht trotz des schlimmen Vorfalls recht gute Stimmung. Beim Ausgleich vom FC Schalke gegen den Hamburger SV hört man aus vielen Richtungen Jubel.

Einer, der für Schalke gejubelt hat, ist Marko, er ist Mitte 20 und studiert in Münster. „Als wir vom Anschlag gehört haben, wollten wir nicht mehr Fußball gucken gehen“, erzählt er. Als dann aber bekannt wurde, dass der Anschlag nicht von Islamisten begangen wurde, habe man sich umentschieden. „Die Angst war irgendwie weg“, sagt der Student. Schiebt aber kurze Zeit später nach, dass es doch ein „seltsames Gefühl“ sei.

Als es in Münster langsam dunkel wird, hat sich an der Atmosphäre in der Stadt wenig geändert. Journalisten stehen an einer Absperrung und warten auf neue Informationen und Politprominenz, die interviewt werden kann.

Die Altstadt ist leer, und drum herum freuen sich viele über eine warme Frühlingsnacht.

Sebastian Weiermann

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