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Politik: Multi – was?

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Politik macht am meisten Spaß, wenn sie auf Worte reduziert wird. Wenn ein Kampfbegriff dem anderen entgegengeschleudert wird.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Politik macht am meisten Spaß, wenn sie auf Worte reduziert wird. Wenn ein Kampfbegriff dem anderen entgegengeschleudert wird. Freiheit statt Sozialismus. Kopfpauschale statt Bürgerversicherung. Präventivpolitik statt Präemptivschläge. Und Politik bereitet natürlich Genuss, wenn kraftvolle Menschen sich duellieren. Wenn die dann auch noch derselben Partei entstammen, stimmt die Mischung. Da jauchzt das Betrachter-Herz.

Am Mittwochabend in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg startete die Heinrich-Böll-Stiftung, der Thinktank der Grünen, ihr außenpolitisches Forum. Die Kampfbegriffe, um die gerungen wurde, hießen Multipolarität und Multilateralismus. Die kraftvollen Personen waren Daniel Cohn-Bendit, Grünen-Chef im Europaparlament, und Ralf Fücks, Chef der Böll-Stiftung. Der rot-grüne Dany saß oben auf dem Podium und forderte energisch, dem US-Unilateralismus müsse eine multipolare Welt entgegengesetzt werden. Fücks saß unten in der ersten Reihe und meinte, jetzt müsse er doch mal nachfragen. Wolle Cohn-Bendit wirklich zurück ins 19. Jahrhundert, in das labil austarierte Gleichgewicht zwischen vielen rivalisierenden Mächten? Sei da nicht doch eine Pax Americana besser? Sei es nicht Multilateralismus, Bereitschaft zur Kooperation und der Aufbau von Institutionen also, den die Grünen stets fordern?

Cohn-Bendit rief energisch in den Saal zurück, eine multipolare Welt sei Fakt, so viel Realismus müsse schon sein. China schere sich keinen Deut darum, ob Europa sein Junior-Verhältnis zu den USA gern als Multilateralismus verbräme. Das Scheitern der WTO in Cancun habe doch bewiesen, dass die Welt noch längst nicht alles schlucke, was Europa und die USA gemeinsam servierten. Da gebe es schon auch noch andere.

Es war ein Moment, in dem Politik richtig Spaß machte.

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