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Carsten S. soll die Terrorzelle "NSU" unterstützt haben.

© dapd

Mutmaßlicher Terrorhelfer: Abgetaucht im alternativen Milieu

Der mutmaßliche Terrorhelfer der Zwickauer Terrorzelle "NSU" Carsten S. lebte jahrelang in einem Düsseldorfer Altbau. Seine Vergangenheit in der NPD und im "Thüringer Heimatschutz" verschwieg S.

In einem Altbau im von vielen Ausländern bewohnten Düsseldorfer Arbeiter-Stadtteil Oberbilk liegt die Wohnung von Carsten S. (31). Vor wenigen Tagen noch hatten Ermittler in Karlsruhe eine Spur des braunen Terrors nach Düsseldorf bestritten, doch am Mittwoch schlug die Eliteeinheit GSG 9 genau dort zu. S. wurde als mutmaßlicher Mordhelfer der Zwickauer Terrorzelle festgenommen. Er sei dringend verdächtig, Beihilfe zu sechs Morden und einem versuchten Mord geleistet zu haben, die vermutlich von Tätern der Organisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) begangen wurden. So sieht es die Bundesanwaltschaft inzwischen.

Vor wenigen Tagen noch hatte Carsten S. über seinen Anwalt jede Beteiligung an den NSU-Morden bestritten und sein Entsetzen über die Taten kundgetan. Er sei aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen und verabscheue deren Treiben, ließ er wissen. In Düsseldorf scheint das durchaus nachvollziehbar: S. studierte Sozialpädagogik an der Fachhochschule, arbeitete als Berater im sozialen Bereich für gemeinnützige Organisationen und Einrichtungen. Bis zu seiner Festnahme arbeitete er in einem eher alternativen Milieu mit Homosexuellen. Es scheint, als hätte S. die Welten gewechselt. Ob der Milieuwechsel mithilfe des Aussteigerprogramms für Rechtsextreme geschah, darüber halten sich die Behörden bedeckt.

Seine Herkunft aus Thüringen hatte Carsten S. in Düsseldorf nicht verschwiegen, seine Vergangenheit anscheinend schon. Dass er Mitglied im berüchtigten Thüringer Heimatschutz war, löst dort, wo man S. in Düsseldorf kennengelernt hat, ungläubiges Staunen aus. Ebenso, dass er NPD-Jugendfunktionär und 1999 und 2000 zeitweise wichtigster Kontaktmann der Zwickauer Terrorzelle gewesen sein und ihr eine Schusswaffe zugespielt haben soll. „Das ist ein toller Mensch, ein super Mitarbeiter“, sagt die Leiterin des Jugendzentrums, in dem er acht Stunden die Woche arbeitete. „Ich glaube das erst, wenn ein Richter das bestätigt hat.“ Auch bei seinem Hauptarbeitgeber, einer Hilfseinrichtung, hört man am Mittwoch nur Gutes: „Ein ganz toller Mitarbeiter.“

Nach 2000 habe S. keinen Kontakt mehr zur rechten Szene gehabt. Er habe von den Straftaten der Zwickauer Terrorzelle nichts gewusst, hatte er mitteilen lassen. Zur Frage, ob er die Neonazis persönlich kannte, schwieg sich S. jedoch aus: „Mehr möchte ich dazu nicht sagen, da ich vor elf Jahren ein neues Leben begonnen habe.“

Ins Rheinland zog S. einem Verfassungsschutzbericht zufolge erst im Jahr 2003. Nicht nur über diese Lücke von drei Jahren wird er nun den Ermittlern von Bundesanwaltschaft und BKA einige Fragen beantworten müssen. (dpa)

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