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Sicherer Stacheldrahtzaun: Die Justizvollzugsanstalt Heidering liegt im brandenburgischen Großbeeren, wird aber auch von Berlin genutzt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Nach Ausbruchserie in Berlin: Darum sind Brandenburgs Gefängnisse sicher

Noch in den 90er Jahren hatte das Justizministerium in Potsdam einen schlechten Ruf, doch seit 1999 ist in Brandenburg niemand mehr ausgebrochen.

Die spektakulärsten Ausbrüche in Brandenburg sind lange her. Aber es waren – im Gegensatz zu den aktuellen Berliner Fällen – meist ganz schwere Jungs und gefährliche Straftaten. Das Landesjustizministerium in Potsdam hatte in den 1990er Jahren den Ruf als „Reisebüro Bräutigam“, benannt nach dem damaligen parteilosen Justizminister Hans-Otto Bräutigam. Am Dienstag vermeldete der Sprecher des Justizministeriums in Potsdam aber: „In diesem Jahrtausend gab es keine Ausbrüche. Der letzte war 1999.“ Das Ministerium führt das auf umfangreiche Investitionen zurück. Die Gefängnisse seien zu hochmodernen und sicheren Anstalten umgebaut worden.

Das bereits 1995 angeschobene millionenschwere Bauprogramm diente der „Verbesserung der Sicherheitssituation“. Die vier Anstalten in Wulkow bei Neuruppin im Landesnorden, in Cottbus-Dissenchen und Luckau-Duben im Süden sowie Wriezen im Oderbruch wurden im vergangenen Jahrzehnt komplett neu errichtet, inzwischen die Sicherheitstechnik sogar schon wieder erneuert. Die alte Haftanstalt samt Sicherungsverwahrung in Brandenburg/Havel wurde erweitert und umgebaut. Das frühere, berüchtigte Stasi-Gefängnis in Frankfurt (Oder), das nach der Wiedervereinigung wegen Sicherheitsmängeln und Sanierungsarbeiten zeitweise geschlossen und umgebaut worden war, ist vor über vier Jahren wegen sinkender Häftlingszahlen geschlossen worden.

Tricks in der Statistik

Für das Ministerium gilt nur die Flucht aus einem geschlossenen Vollzug als Ausbruch. Die Flucht aus dem Maßregelvollzug oder beim begleiteten Ausgang zählt nicht dazu. Deshalb taucht der mehrfach geflohene Mörder und Vergewaltiger Frank Schmökel in der Ausbruchsstatistik nicht auf. Schmökel galt wegen seiner krankhaften Störung als Patient. Seit 2017 ist Schmökel, weil er inzwischen als therapieunfähig gilt, in der sichersten Haftanstalt des Landes in Duben untergebracht.

Auch aus dem offenen Vollzug sind Straftäter entwichen. 2011 etwa waren es sechs Fälle. Bis zu zehn Häftlinge pro Jahr flüchteten vor ihren Aufpassern oder kehrten von Ausgängen nicht zurück. Zudem gibt es einen Fall aus dem Jahr 2012, den das Ministerium nicht als Ausbruch wertet. Ein damals 21-Jähriger, verurteilt wegen Mordes und Raubes im Alter von 16 Jahren, durchlief in Wriezen Therapien, startete eine Ausbildung, kam in den offenen Vollzug, durfte in die Schule. Weil er eines Tages schwänzte, sollte er zurück in den geschlossenen Vollzug. Vier Beamte begleiteten ihn, er trickste sie aus: In der Teeküche stand dann das Fenster offen.

Keine Ratschläge für Berlin

Mit Ratschlägen an das rot-rot-grün regierte Berlin hält sich das Ministerium in Potsdam im rot-roten Brandenburg zurück. Wegen der politischen Farbenlehre, aber auch, falls doch ein Ausbruch in der Mark gelingt. Auf eines wird in Potsdam aber Wert gelegt: auf die Stacheldrahtzäune. In Berlin haben die vier geflüchteten Häftlinge nach dem Durchbruch durch die Anstaltsmauer einfach den Zaun vom Boden hochgebogen. Um das zu verhindern, seien in einigen Anstalten die Zäune eineinhalb Meter tief in der Erde versenkt worden. Und mit einem Augenzwinkern heißt es: Berlins modernste und sicherste Haftanstalt Heidering stehe in Brandenburg. Gleich hinter der südlichen Stadtgrenze in Großbeeren.

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