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Weltweit wird gegen die Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi protestiert.

© dpa

Nach Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi: Saudi-Arabien - die erschütterte Monarchie

Lange Zeit hatten es sich Saudi-Arabiens Machthaber bequem gemacht. Außenpolitisch wie innenpolitisch lief vieles - nicht zuletzt dank ergiebiger Einnahmen aus Ölverkäufen. Doch nun droht der Koloss am Golf ins Wanken zu geraten.

Viele Jahre lang schien der saudische Kosmos fest gefügt. Staatsgästen machte man weis, dass alle Probleme in der Region irgendwie mit dem Iran zusammenhängen. Die Ölmärkte spülten Rekordprofite in die eigenen Kassen. Westliche Kritik an Hinrichtungen oder Unterdrückung von einheimischen Menschenrechtlern dämpfte das Königreich mit milliardenschweren Rüstungskäufen und globalen Bauaufträgen. In Bahrain und Ägypten finanzierte Riad die Beerdigung des Arabischen Frühlings. Zu Iraks schiitischer Führung hielt man feindselig Distanz. Und die eigenen Untertanen wurden mit üppigen Gehaltserhöhungen und zehntausenden zusätzlicher Staatsjobs aus der Ölschatulle ruhig gestellt.

Der "Islamische Staat" - Bedrohung vor der Haustür

Seit einiger Zeit jedoch häufen sich Erschütterungen, wie lange nicht mehr. Der 90-jährige Monarch Abdullah liegt mit Lungenentzündung im Krankenhaus. Sein Königshaus steht vor dem heikelsten Machtübergang seiner Existenz. Der Ölpreis erlebt einen Rekordverfall. Und mit dem "Islamischen Staat" steht erstmals ein zu allem entschlossener sunnitischer Gegner vor der Haustür, dessen selbst ernannter Kalif die saudische Staatsspitze als Hüterin der beiden heiligsten Stätten des Islam direkt herausfordert. Gleichzeitig praktizieren die neuen Fanatiker die gleiche fundamentalistische Islamdoktrin, wie sie ultrakonservative saudische Prediger mit milliardenschweren Etats in aller Welt propagieren.

Beschämende Bilanz bei den Menschenrechten

Zehn Menschen hat das Königreich bereits seit Beginn des Jahres in aller Öffentlichkeit den Kopf abschlagen lassen. Das Handydokument von der Auspeitschung des Bloggers Raif Badawi hat rund um den Globus Empörung ausgelöst. Kein Ereignis der vergangenen Jahre hat die beschämende Menschenrechtsbilanz Saudi-Arabiens so ins internationale Rampenlicht gerückt wie die 15-minütige Prügelszene vor einer Moschee in Dschidda.

Auch bei Saudi-Arabiens regionaler Außenpolitik häufen sich die Fragezeichen. Der Versuch, Syriens Baschar al Assad zu entthronen, ist gescheitert. Eine Stabilisierung des Jemen an der Südgrenze ist nach der Eroberung von Sanaa durch die schiitischen Houthis de facto aussichtslos. Die befreundete sunnitische Königsfamilie Bahrains kann sich nur noch mit rabiatester Repression an der Macht halten. Ägypten liegt seinen reichen Golfbrüdern immer schwerer auf der Tasche.

Kein Wunder, dass bei den autoritären Machthabern in Riad die Nerven blank liegen. In der Bevölkerung rumort es. Eine entwickelte Zivilgesellschaft, die sich politisch artikulieren und über den künftigen Weg ihres Gemeinwesens debattieren darf, gibt es nicht. Ungeachtet dessen spielt das Königreich eine Schlüsselrolle für die Stabilität der ganzen Golfregion, allein schon wegen seines demografischen Gewichts. Die Ministaaten Kuwait, Katar und die Emirate werden es rasch zu spüren bekommen, sollte der saudische Koloss auf der Arabischen Halbinsel ins Wanken geraten.

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