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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen prüft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.

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EZB-Urteil aus Karlsruhe: Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ist richtig

Das Verfassungsgericht hat mit dem EZB-Urteil den Bogen überspannt. Deshalb sollte Ursula von der Leyen ihren Worten Taten folgen lassen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erwägt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, nachdem sich das Bundesverfassungsgericht über ein Urteil der Luxemburger Europarichter hinweggesetzt hat. Richtig ist diese Erwägung.

Denn die Tatsache, dass die Karlsruher Richter im Gegensatz zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg an einem Aufkaufprogramm für Staatsanleihen der Europäischen Zentralbank etwas auszusetzen hatten, ist mehr als nur eine Fußnote in der Geschichte der EU. 

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Gerade die Art und Weise, wie die Karlsruher Richter den „Freunden“ aus Luxemburg juristische Nachhilfe zu erteilen versuchten, zeugt von einem übermäßig ausgeprägten Selbstbewusstsein des Bundesverfassungsgerichts und dem Wissen um die eigene Vorbildfunktion unter den nationalen Gerichten in Europa.

Nun könnte der Karlsruher Richterspruch durchaus dazu führen, dass demnächst Gerichte in Polen oder Ungarn mit Verweis auf Deutschland munter Gerichtsentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs anzweifeln. Für den Bestand der EU, die sich ohnehin in einer kritischen Phase befindet, würde dies nichts Gutes bedeuten.

Deshalb wäre es sinnvoll, wenn von der Leyen ihrer Drohung mit einem Vertragsverletzungsverfahren auch Taten folgen ließe.

Mit einem solchen Verfahren würde sich die EU-Kommission zwar auf ein heikles Terrain begeben. Denn nicht nur die Europäischen Zentralbank und der EuGH sind unabhängig – das Bundesverfassungsgericht ist es auch. Aber wenn es zu einer endgültigen Klarstellung käme, dass die EZB allein dem Europäischen Gerichtshof verantwortlich ist, wäre das auch nicht das Schlechteste.

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