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Streitbarer Geist: die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.

© Nicolas Armer/dpa

Nach dem Verfassungsreferendum: Türkei-Besuch von Claudia Roth kurzfristig abgesagt

Der nächste Eklat mit Ankara: Eine für Donnerstag geplante Reise der Bundestagsvizepräsidentin findet nicht statt. Sie wollte Oppositionelle treffen und in die Kurdenhochburg Diyarbakir fahren.

Am späten Dienstagnachmittag hat Claudia Roth einen Schlussstrich unter ein weiteres Kapitel im deutsch-türkischen Beziehungsstreit gezogen. Die Bundestagsvizepräsidentin wollte am Donnerstag mit einer Delegation in die Türkei reisen, um sich ein Bild von den Folgen des umstrittenen türkischen Verfassungsreferendums zu machen.

Der Besuch war seit Längerem geplant, über das Programm wurde aber bis Dienstag noch mit der türkischen Seite verhandelt. Die Grünen-Politikerin wollte auch mit oppositionellen Gruppen sprechen und die Kurdenhochburg Diyarbakir im Osten der Türkei besuchen. Das passte Ankara offenbar nicht. Am Dienstagnachmittag wurde die Reise schließlich annulliert. Ob die Absage von der Türkei ausging oder von Roth selbst, wollte Roth zunächst nicht sagen. Die Grünen-Politikerin will sich am heutigen Mittwoch zu den Hintergründen äußern.

Klar ist schon jetzt: Die Absage ist ein weiterer Eklat, durch den sich die deutsch-türkischen Beziehungen weiter verschlechtern dürften. Gemeinsam mit Roth sollten die Flüchtlingsexpertin der Grünen, Luise Amtsberg, der CDU-Abgeordnete Matthias Zimmer und der SPD- Außenexperte Niels Annen nach Ankara fliegen. Dort waren Termine im Parlamentspräsidium, im Außenministerium, im EU-Ministerium, mit den Vorständen der Parlamentsfraktionen, Abgeordneten sowie Menschenrechtsanwälten geplant. Treffen mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan oder Ministerpräsident Binali Yildirim waren nicht vorgesehen, da es sich um eine Parlamentariergruppe und nicht um eine Regierungsdelegation handelte.

Verteidigungsausschuss plant weitere Reise

Außer dem Verfassungsreferendum, das von der Bundesregierung als Abkehr von demokratischen Prinzipien kritisiert wird, belasten auch die Verhaftungen deutscher Journalisten in der Türkei (siehe nebenstehenden Beitrag) und die Aufnahme türkischer Nato-Offiziere in Deutschland die Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Als Reaktion auf die Asylentscheidung für die türkischen Soldaten und ihre Familien hatte Ankara dem Verteidigungsausschuss des Bundestags einen Besuch bei deutschen Soldaten in Incirlik untersagt. Dort sind sechs deutsche Aufklärungs-Tornados und ein Luftbetankungsflugzeug zur Unterstützung der Anti-IS-Koalition stationiert.

Die Bundesregierung denkt inzwischen über den Abzug des Bundeswehrkontingents nach. Vor einer Entscheidung will der Verteidigungsausschuss aber möglicherweise einen weiteren Anlauf für eine Türkeireise unternehmen. Statt nach Incirlik soll es dann jedoch nach Konya gehen. Dort sind deutsche Soldaten als Awacs-Besatzungen im Rahmen der Nato eingesetzt. Nach Auskunft des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Hellmich (SPD) will sich der Ausschuss Ende Mai mit einem entsprechenden Antrag der Linken befassen.

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