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Politik: Nach der Steuerentscheidung: Die Abweichler machen der Parteiführung Vorwürfe - CSU-Politiker Goppel fordert Rücktritt Diepgens

Nach dem Debakel der Union bei der Steuerreform-Abstimmung im Bundesrat droht jetzt in der CDU eine Konfrontation zwischen "Abweichlern" und der Führung. Bremens Landeschef Bernd Neumann hat in einem Brief an den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion schwere Vorwürfe gegen Parteichefin Angela Merkel und Fraktionschef Friedrich Merz erhoben.

Von Robert Birnbaum

Nach dem Debakel der Union bei der Steuerreform-Abstimmung im Bundesrat droht jetzt in der CDU eine Konfrontation zwischen "Abweichlern" und der Führung. Bremens Landeschef Bernd Neumann hat in einem Brief an den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion schwere Vorwürfe gegen Parteichefin Angela Merkel und Fraktionschef Friedrich Merz erhoben. Neumanns Tenor in dem dreiseitigen Rechtfertigungsschreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt: Ich habe die CDU-Spitzen schon vor Wochen vor der Gefahr einer Niederlage gewarnt - aber niemand hat zugehört.

Er habe, schreibt Neumann, vor vier Wochen Merkel und vor zwei Wochen Merz dringend gebeten, in den Bundesgremien die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs zum Thema zu machen. Bremen sehe sich auch angesichts massiver Attacken der "reichen" Süd-Unionsländer Bayern, BadenWürttemberg und Hessen gegen die Sonderleistungen für die Stadtstaaten unter Druck. Er habe damals schon darauf hingewiesen, dass das finanzschwache Bremen gezwungen sein könnte, im Gegenzug zu Angeboten der Regierung der Steuerreform zuzustimmen. Er habe Merkel wie Merz dann eine Woche vor der Bundesratssitzung noch einmal mitgeteilt, dass Bremen wahrscheinlich zustimmen werde.

"Mir ist es deshalb unerklärlich, warum die Partei- und Fraktionsspitze praktisch bis zum letzten Tag öffentlich erklären konnte, die Unionsfront in den Ländern sei unverbrüchlich", schrieb Neumann. Auch die Lage in Brandenburg und Berlin sei schon eine Woche vor der Abstimmung "unübersichtlich" gewesen. Neumann verwahrt sich gegen den Vorwurf, gegen Verabredungen verstoßen zu haben. Die CDU Bremen habe immer mit offenen Karten gespielt. "Wenn dieses nicht ernst genommen oder übersehen wurde, ist das nicht unsere Schuld."

Im Zentrum der unionsinternen Kritik stand allerdings weiterhin nicht Bremen, sondern Berlin und Brandenburg. Das Verhalten der Landeschefs Eberhard Diepgen und Jörg Schönbohm soll bei einer Krisensitzung des CDU-Präsidiums am nächsten Montag angesprochen werden. In der CDU wird insbesondere Diepgen vorgeworfen, Merkel und Merz noch kurz vor der Bundesratssitzung in Bonn über den Deal mit der Regierung im Unklaren gelassen zu haben. Führende CDU-Politiker wie Parteivize Anette Schavan, der Ex-Vorsitzende Wolfgang Schäuble und auch Schönbohm warnten vor einer Schuld-Diskussion und einer Führungsdebatte. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel forderte aber am Montag im SWR die Berliner CDU auf, sich von ihrem Landeschef Eberhard Diepgen zu trennen, wenn er "weiterhin" nicht zwischen seinen Aufgaben als Ministerpräsident und der Loyalitätspflicht als CDU-Chef unterscheiden könne.

Zwischen CDU und CSU droht überdies ein neuer Streit über die Oppositionsstrategie. CSU-Chef Edmund Stoiber hat sich nach Angaben aus der CSU intern bereits für einen harten Kurs ausgesprochen. CDU-Chefin Angela Merkel will sich aber nach Informationen aus der CDU-Spitze nicht in eine Fundamentalopposition drängen lassen.

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