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Politik: Nach der Steuerentscheidung: Die nächsten Modernisierungsprojekte sind schwieriger

Die Bundesregierung muss sich mit ihren geplanten wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen auf erheblichen Widerstand einstellen. Nachdem die Steuerreform in der Wirtschaft nahezu einmütig begrüßt wurde, positionieren sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nun angesichts weiterer Reformvorhaben.

Die Bundesregierung muss sich mit ihren geplanten wirtschafts- und sozialpolitischen Reformen auf erheblichen Widerstand einstellen. Nachdem die Steuerreform in der Wirtschaft nahezu einmütig begrüßt wurde, positionieren sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nun angesichts weiterer Reformvorhaben. Besonders umstritten ist dabei die Rentenreform. Aber auch bei der Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes und beim Ladenschluss gibt es mehr Konfrontation als Konsens.

Insbesondere bei der Rentenreform ist eine Annäherung der Sozialpartner nicht in Sicht. Im Gegenteil, die IG Metall hat in diesen Tagen eine Kampagne gegen die Pläne ihres früheren stellvertretenden Vorsitzenden, Arbeitsminister Walter Riester, begonnen. "Wir müssen hinkriegen, dass die absolut notwendige Reform nicht einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer geht", heißt es bei der IG Metall, die derzeit in den Betrieben ihre Klientel zum Thema Rente informiert. Gleichzeitig wendet sich die Gewerkschaft an Bundestagsabgeordnete, um diese gegen die Regierungspläne zu mobilisieren. Etwas moderater gibt sich der DGB, der Riesters Pläne in zwei Punkten verändern will: Zum einen soll das Rentenniveau auch nach 2020 bei 67 Prozent bleiben, Riester sieht 64 Prozent vor. Zum anderen "ist uns der Anteil privater Eigenvorsorge von vier Prozent zu hoch", sagt DGB-Vorstand Heinz Putzhammer. Und zwar deshalb, weil diese vier Prozent des Einkommens aus der Berechnung der Nettolohnsumme herausfallen, die wiederum die Berechnungsgrundlage für Rentenerhöhungen abgibt.

Dagegen fordert die Bundesvereinigung der Arbeitgebervebände (BDA) noch größere Schritte. Von allen Parteien, werde "die Illusion verbreitet, es lasse sich dauerhaft ein Rentenniveau von 64 Prozent halten", sagt BDA-Präsident Dieter Hundt. Er befürwortet einen Demografiefaktor, der das Rentenniveau auf 62 Prozent im Jahr 2020 absenkt. Dies bedeute, das künftig die Rentenerhöhungen um 0,8 Prozent geringer ausfielen als ohne Faktor. Damit soll der Beitragssatz "langfristig unter 20 Prozent stabilisiert" werden. Ferner wollen die Arbeitgeber eine ergänzende kapitalgedeckte Altersvorsorge des Einzelnen auf freiwilliger Basis sowie "bessere Rahmenbedingungen" für die betriebliche Altersvorsorge".

Konfliktstoff liegt ferner im Ladenschluss und beim Betriebsverfassungsgesetz. Die Gewerkschaften wollen den Geltungsbereich des Gesetzes erweitern und grundsätzlich mehr Mitbestimmung für die Betriebsräte. Die Arbeitgeber lehnen das kategorisch ab. Nahezu umgekehrt ist die Position beim Ladenschluss, den die Gewerkschaften nicht antasten wollen. Dagegen plädiert der Deutsche Industrie- und Handelstag für eine völlige Freigabe der Öffnungszeiten an Werktagen. Sonn- und Feiertage müssten hingegen als Ruhetage geschützt bleiben.

Die Gewinner der Steuerreform

Der stellvertretende DGB-Vorsitzende von Berlin und Brandenburg, Bernd Rissmann, bewertete die Steuerreform am Montag zwiespältig. Es sei nicht möglich von Steuergerechtigkeit zu reden, wenn eine Chefärztin mit einem Einkommen von einer Millionen Mark jährlich von 2005 an mit rund 100 000 Mark entlastet werde. Eine Schuhverkäuferin hingegen spare zwar 30 Prozent im Jahr 2005, doch seien das in der Summe lediglich 2000 Mark. Besonder stark profitiert ein verheirateter Selbstständiger mit zwei Kindern und einem zu versteuernden Einkommen von 70 000 Mark: Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums wird er durch die Reform um 68 Prozent entlastet. Während seine Abgaben - Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag nach Abzug von Kindergeld - 1998 noch 7880 Mark betrugen, liegen sie 2005 nur noch bei 2525 Mark. Wer am Ende tatsächlich zu den Verlierern der Steuerreform gehört, wird die Ausgestaltung der Gegenfinanzierung zeigen. Jörg Schwenker, Steuerfachmann beim DIHT, weist auf die noch ausstehende Einigung über die Nutzungsdauer für Abschreibungsgüter hin. Bund und Länder müssen sich noch auf eine entsprechende Verwaltungsanweisung einigen.

alf, mo

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