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Politik: Nach einer Schießerei wird der jüngste Bruder von Präsident Hafis al Assad von der Nachfolge ausgeschlossen

Das Ende der Bruderliebe läßt sich ziemlich genau auf den November 1983 datieren: Das erste ärztliche Bulletin über eine "ernste Erkrankung" des syrischen Staatspräsidenten Hafis al Assad - vermutlich ein Herzinfarkt - hatte noch nicht die Öffentlichkeit erreicht, als die militärischen "Anwärter" auf das höchste Staatsamt auch schon ihre Truppen in Stellung brachten - unter ihnen Assads jüngerer Bruder Rifaat, Chef der gefürchteten "Siraya ad-Difa", der 20 000 bis 30 000 Mann starken "Verteidigungsbrigaden". Das Kalkül der politischen Erbschleicher ging indes nicht auf.

Das Ende der Bruderliebe läßt sich ziemlich genau auf den November 1983 datieren: Das erste ärztliche Bulletin über eine "ernste Erkrankung" des syrischen Staatspräsidenten Hafis al Assad - vermutlich ein Herzinfarkt - hatte noch nicht die Öffentlichkeit erreicht, als die militärischen "Anwärter" auf das höchste Staatsamt auch schon ihre Truppen in Stellung brachten - unter ihnen Assads jüngerer Bruder Rifaat, Chef der gefürchteten "Siraya ad-Difa", der 20 000 bis 30 000 Mann starken "Verteidigungsbrigaden". Das Kalkül der politischen Erbschleicher ging indes nicht auf. Assad der Ältere genas, Assad der Jüngere wurde entmachtet und ins französische Exil geschickt.

Indirekt um die Nachfolge ging es auch, als in der vergangenen Woche tatsächlich die Waffen im Hause Assad sprachen. Unbestätigten Berichten regionaler Medien zufolge sollen bei Schießereien zwischen regulären Armee-Einheiten und Rifaat-Anhängern am letzten Mittwoch in der nordsyrischen Hafenstadt Lattakia mehrere Dutzend Bewaffnete ums Leben gekommen sein. Die aus London sendende Fernsehstation "Arab News Network" (ANN) sprach gar von "Hunderten von Todesopfern". Pikantes Detail: ANN gehört dem Rifaat-Sohn Sumer. Und Sumer ließ Onkel Hafis beschuldigen, ein Nachrichten-Black-Out über die Lattakia-Affäre verhängt zu haben.

Daran stimmt, dass Damaskus bisher nur bruchstückhafte Berichte über diese regime- und familieninterne Aktion Saubermann hat durchdringen lassen. Danach wurde ein Privathafen in Staatseigentum zurückgeführt, den sich Rifaat vor einigen Jahren widerrechtlich auf öffentlichem Grund hatte bauen lassen. Und über diesen Hafen soll Schmuggelgut en gros nach Syrien eingeschleust worden sein.

In solchen Geschäften hat der in der ehemaligen Sowjet-Union zum Doktor der Politische Wissenschaften promovierte Volkswirt und Politologe Rifaat al Assad reiche Erfahrung sammeln können. Der puritanische Hafis gilt hingegen als sauber in materiellen Dingen. Um den guten Ruf seiner Familie sorgte sich in den letzten Jahren zunehmend Assads Sohn Baschar, der vom Vater als Thronerbe aufgebaut wird. Und hier schließt sich der Kreis des Kampfes um die Nachfolge: Um Rifaats Ehrgeiz ein für alle Mal ein Ende zu setzen, war es vermutlich Oberst Baschar al Assad, der im Zuge seiner laufenden Anti-Korruptionskampagne den privaten Schmuggelhafen von Lattakia schließen ließ und Onkelchens Exil damit verewigte.

Dort lebt der geschäftstüchtige Doktor und General seit vergangenem Jahr wieder, nachdem er von Bruder Hafis seines Amtes als syrischer Vizepräsident entkleidet und aus der Baath-Partei geworfen worden war. Die 1992 auf Wunsch der sterbenden Mutter erfolgte Versöhnung dauerte nicht lange. Die mafiöse Verknüpfung von Politik und dunklen Geschäften war Hafis im Februar letzten Jahres erneut zu viel geworden. Rifaat wurde endgültig gefeuert.

Peter Gerner

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