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Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe lehnte am Donnerstagabend einen Haftbefehl für den in Berlin vorläufig festgenommenen Terrorverdächtigen ab.

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Nach Festnahme in Berlin-Schöneberg: BGH lehnt Haftbefehl für Terrorverdächtigen ab

Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof sah nicht genug Beweise für einen Haftbefehl gegen den in Berlin festgenommenen Terrorverdächtigen. Dieser ist nun trotzdem in Haft - wegen Urkundenfälschung.

Es ist schon später Abend, als der in Berlin vorläufig festgenommene Terrorverdächtige Ashraf Al-T. zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gebracht wird. Die Bundesanwaltschaft hat am Donnerstag Haftbefehl gegen den 27-Jährigen beantragt, sie wirft ihm vor, der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) anzugehören. Doch der zuständige Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof lehnt es ab, einen Haftbefehl auszustellen. Die vorgelegten Beweise reichen aus seiner Sicht zwar für die Aufnahme von Ermittlungen, aber nicht für einen dringenden Tatverdacht.

Nun wird die Zeit knapp für die Sicherheitsbehörden, die davon ausgehen, dass Ashraf Al-T. einen Anschlag in Deutschland geplant hat. Denn eigentlich müsste der Verdächtige, der bereits am Mittwochabend in Berlin-Schöneberg vorläufig festgenommen wurde, nun freigelassen werden. Doch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin beantragt in der Nacht zu Freitag einen Haftbefehl vor dem Amtsgericht Karlsruhe – nicht wegen Terrorverdachts, sondern wegen Urkundenfälschung. Denn Ashraf Al-T. hatte sich bei der Einreise nach Deutschland als Syrer ausgegeben und einen falschen syrischen Pass vorgelegt. Er soll jedoch aus Tunesien stammen.

Justiz will weiteren Selbstmord in Haft vermeiden

Ashraf Al-T. wurde mittlerweile zurück nach Berlin gebracht. In der Justizvollzugsanstalt Moabit ist er in einem besonders gesicherten Raum untergebracht, um einen Selbstmord des Untersuchungshäftlings zu verhindern. Außerdem werde er überwacht, sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Justiz. In diesem Fall sind die Behörden schon deshalb besonders sensibilisiert, weil sich Mitte Oktober der Terrorverdächtige Jaber Albakr in seiner Zelle in Leipzig erhängt hat. Daraufhin waren Sachsens Justizbehörden massiv in die Kritik geraten.

Zu Albakr hatte Ashraf Al-T. nach bisherigen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden keinen direkten Kontakt, er gilt als Einzeltäter. Der Verfassungsschutz wurde im Oktober durch einen Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes auf den 27-Jährigen aufmerksam. Ashraf Al-T. hatte nach Angaben der Bundesanwaltschaft mit einem Kontaktmann des IS in Syrien kommuniziert, der für Operationen des IS im Ausland zuständig sei. „Von dort soll er die Erlaubnis erhalten haben, zeitnah einen Anschlag auf Menschen in Deutschland zu planen“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Anders als im Fall Jaber Albakr wurde in der Wohnung von Ashraf Al-T. kein Sprengstoff gefunden.

Nachweis der Zugehörigkeit zum IS ist schwierig

Doch auch gegen Albakr wurde nicht wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrororganisation ermittelt – dafür reichte nach Angaben der Bundesanwaltschaft die Beweislage nicht. Der Syrer wurde der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat verdächtigt, er soll einen Sprengstoffanschlag geplant haben. Als mögliches Ziel galt ein Berliner Flughafen.

Der Nachweis, dass ein Verdächtiger tatsächlich dem IS angehört, ist offenbar nicht leicht zu erbringen. Im Oktober erhob die Bundesanwaltschaft vor dem Berliner Kammergericht Anklage gegen einen 19-jährigen Syrer, der im März in Brandenburg festgenommen worden war. Ihm wird vorgeworfen, dem IS anzugehören. Allerdings konnten die Ermittler in seinem Fall wohl Belege dafür finden, dass er in Syrien über mehrere Monate an der Belagerung eines Flughafens durch den IS beteiligt war. Er soll später in Deutschland Kontaktmann des IS für potenzielle Attentäter gewesen sein und mögliche Ziele in Berlin ausgespäht haben. Andere Terrorverdächtige, denen von der deutschen Justiz die Zugehörigkeit zum IS zur Last gelegt wird, tauchen beispielsweise in Videos der Terrormiliz auf.

Der Verteidiger von Ashraf Al-T., Jonathan Burmeister, bezeichnete die Untersuchungshaft seines Mandanten als rechtswidrig. Dieser habe die Urkundenfälschung gestanden, sei aber in Wirklichkeit aus anderen Gründen in Haft. Der Anwalt hat bereits eine Haftprüfung beantragt. In den Sicherheitsbehörden hofft man nun, dass die Ermittlungen weitere Beweise ans Licht bringen.

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