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Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel in der ZDF-Sendung "Berlin direkt"

© dpa

Nach Kritik an Angela Merkel: Die Gegenoffensive der Kanzlerin

In der CDU wächst der Druck auf die Vorsitzende Angela Merkel. Doch diese will die Führung noch lange nicht aus der Hand geben.

Von Antje Sirleschtov

Womöglich hat die CDU-Vorsitzende das Grollen in ihrer Partei lange unterschätzt. Erst das schlechte Wahlergebnis im vergangenen September, dann die geplatzten Jamaika-Verhandlungen und jetzt auch noch das: Obwohl die SPD eindeutig der Wahlverlierer unter den drei Groko-Parteien ist, konnte sie der Kanzlerin bei der Ressortverteilung gleich eine ganze Reihe wichtiger Ministerien abjagen, zuvorderst das Finanzministerium. Von Demütigung war sofort die Rede in der CDU sowie von der Sorge, dass sich Angela Merkel geschwächt mit einer Handvoll Getreuer ein letztes Mal ins Kanzleramt rettet und ihre Partei ohne Perspektiven für die Zeit nach ihr herunterfallen lässt.

An diesem Sonntagabend nun, zur besten Fernsehzeit, trat die Kanzlerin die Gegenoffensive an. Ein deutliches Macht-Mal-Halblang durften ihre Kritiker da in gut 14 Minuten vernehmen und eine Kanzlerin, die keineswegs den Eindruck aufkommen lassen will, dass sie geschwächt ihre letzte Amtszeit antritt.

Autoritätsverlust? Keine Spur. Auch sie habe „schmerzlich“ hinnehmen müssen, dass die SPD das Finanzministerium für sich beansprucht. Allerdings, sagt Merkel, habe sie die Verantwortung dafür getragen, eine Regierung zu bilden und „es hätte wohl kaum jemand verstanden, wenn wir uns in der Sache, aber nicht bei der Verteilung der Ressorts geeinigt hätten“. Und auch der Furcht der CDU, nun werde der künftige SPD-Finanzminister die Ausgaben-Schleusen öffnen und deutsche Steuergelder mit vollen Händen in Europa verteilen, also das Erbe von Wolfgang Schäuble verschleudern, trat Merkel entgegen. Alle Entscheidungen würden im Kabinett gemeinsam getroffen. Und kleiner Seitenhieb an die eigenen Parteifreunde: Wenn die SPD auf das Ministerium nicht bestanden hätte, „wäre es an die CSU gegangen“.

Zwölf Stunden, sagt Merkel, habe man in jener letzten Verhandlungsnacht um die Ressortverteilung gerungen und lässt keinen Zweifel daran zu, dass es Spitz auf Knopf stand. Wer nun am Ergebnis herumkritisiere, solle die Alternativen bedenken. Sie jedenfalls habe eine „sehr bewusste Entscheidung getroffen“. Übrigens, wie Merkel anfügt, in Absprache mit ihrer eigenen Verhandlungsdelegation, die ganz offensichtlich ebenfalls bereit war, „den Preis für eine stabile Regierung“, wie Merkel sagt, zu tragen.

Angela Merkel will keinesfalls vorzeitig aufgeben

Bleibt noch die Frage, wie diese CDU-Vorsitzende ihre Nachfolge regeln will. Vorher aufgeben? Keinesfalls. Merkel erinnert daran, dass ihre Frage an die Partei, ob sie noch einmal für vier Jahre antreten soll, vor der Bundestagswahl „bejaht worden ist“. Und nun, da sie den Regierungsauftrag von den Wählern bekommen habe, wolle sie diesen auch vier Jahre erfüllen. Wer also darauf gehofft hatte in der CDU, Merkel werde – womöglich nach der Hälfte der Amtszeit – hinwerfen, der muss umdenken. Was übrigens auch den Job der Parteivorsitzenden betrifft. Bedenken, dass sie womöglich den besten Zeitpunkt ihres Abganges von der politischen Bühne verpasse, hat Merkel offenbar nicht.

Und doch geht Merkel an diesem Sonntag auch auf ihre Kritiker zu. Die in Berlin kursierenden Namen von Peter Altmaier, Ursula von der Leyen, Hermann Gröhe, Julia Klöckner und Annette Widmann-Mauz als aussichtsreiche Kandidaten für die von der CDU geführten Ministerien hatten in der Partei die Sorge ausgelöst, Merkel wolle jüngere Gesichter oder kritische Geister wie den bisherigen Staatssekretär Jens Spahn außen vor lassen. Daraufhin kündigte Merkel am Sonntag eine „Neuaufstellung“ an, also nicht nur im Kabinett sondern auch in der Partei. Ob darunter ihr Nachfolger ist? Für Merkel ist das eine Frage des Wettbewerbs. Sie vergebe „Chancen“ und meint damit: Wer ihren Posten haben will, muss jetzt zeigen, dass er diese Chancen auch nutzt.

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