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Update

Nach Legalisierung der Homo-Ehe: Erneut schwere Randale in Frankreich

Nachdem die Nationalversammlung das Gesetzprojekt zur Legalisierung der Homo-Ehe am Dienstag wie erwartet mit deutlicher Mehrheit angenommen hat, kam es in Paris erneut zu schweren Ausschreitungen. Die Kritiker wollen jetzt den Verfassungsrat anrufen.

Das Gesetz ist durch, aber die Kontroverse um die Homo-Ehe wird in Frankreich weiter Wellen schlagen. Nachdem die linke Mehrheit der Nationalversammlung am Dienstag der Vorlage der sozialistischen Regierung definitiv zugestimmt hatte, mit der gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung und die Adoption von Kindern ermöglicht wird, kündigte die rechte Opposition sofort eine Beschwerde beim Verfassungsrat an. Spätestens in einem Monat muss dieses Gremium entscheiden, ob der vom Parlament ratifizierte Text mit der Verfassung vereinbar ist. Lässt der Rat die Reform unbeanstandet passieren, könnte Präsident François Hollande die Reform schon Anfang Juni in Kraft setzen und damit den ersten homosexuellen Paaren den Weg zum Standesamt öffnen. Doch ob sich die Gegner der umstrittenen „Ehe für alle“ dann geschlagen geben, ist nicht sicher.

Wenige Stunden nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Legalisierung der Homo-Ehe im französischen Parlament ist es in Paris zu gewalttätigen Protesten gekommen. Gegner der Regelung bewarfen die Sicherheitskräfte am späten Dienstagabend mit Feuerwerkskörpern, Flaschen und Steinen. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt. Mindestens zwölf Personen seien festgenommen worden. Den Berichten zufolge hatten am Abend zunächst etwa 3500 Menschen friedlich gegen die Neuregelung protestiert. Kurz vor 22.00 Uhr hätten die Veranstalter die Kundgebungsteilnehmer aufgefordert, nach Hause zu gehen. Einige Hundert seien aber geblieben und hätten die Sicherheitskräfte mit Wurfgeschossen attackiert. Dabei sei ein Polizist am Kopf verletzt worden. Erst nach 1.00 Uhr am frühen Mittwochmorgen habe sich die Lage beruhigt.

Bereits am Sonntag hatten zehntausende Anhänger der von der Kabarettistin Frigide Barjot angeführten Protestbewegung in Paris gegen die Homo-Ehe demonstriert. Nach Angaben der Organisatoren waren es 270 000, laut Polizei 45 000 Menschen, die vor der entscheidenden Abstimmung im Parlament noch einmal ihren Protest skandierten und mit Slogans wie „Papa und Mama – es gibt nichts Besseres für ein Kind“ oder „Hollande, wir wollen Dein Gesetz nicht“ den Verzicht auf die Reform forderten. Das waren weniger, als im März auf die Straße gegangen waren. Zusammenstöße mit den Ordnungskräften gab es diesmal nicht, doch die Gegner sind radikaler geworden. Zumeist Jugendliche, die von der Polizei fundamentalistischen katholischen Kreisen oder dem politisch rechtsextremen Milieu zugerechnet werden, versuchten in letzter Zeit, das Parlament zu belagern. Dessen Präsident Claude Bartolone erhielt einen mit Schießpulver gefüllten Drohbrief. Schwule und Lesben wurden öffentlich angegriffen. In Lille, Nizza und Bordeaux wurden Szene-Bars überfallen, die Anwesenden verprügelt und das Mobiliar zertrümmert. In Lyon kam es zu Straßenschlachten. In Paris fielen Unbekannte mit dem Ruf „Schau mal, Schwule“ über zwei Männer her und fügten einem von ihnen Schnittwunden im Gesicht zu. Angesichts der Häufung homophober Übergriffe sprach Innenminister Manual Valls von einem „ekelerregenden Klima“.

Zu dessen Entstehung haben die Organisatoren der Proteste nicht wenig beigetragen. So erklärte Frigide Barjot zum Beispiel, „die Regierung will Blut, sie wird es bekommen“, korrigierte sich dann aber schnell. Auch die Opposition heizte mit Sprüchen wie „die Regierung schickt sich an, Kinder zu ermorden“, so der UMP-Abgeordnete Philippe Cochet, die aggressive Stimmung an. Die UMP versprach, das Gesetz zu annullieren, sollte sie bei der nächsten Wahl wieder an die Regierung kommen. Tatsächlich stehen die Chancen dafür aber schlecht. Ehen, die auf Grundlage dieses Gesetzes geschlossen werden, könnten nicht wieder aufgehoben werden, sagte der UMP-Abgeordnete Henri Guaino. Frigide Barjot will die Homo-Ehe zum Thema der Kommunalwahl 2014 machen. Kandidaten für Bürgermeisterposten müssten klipp und klar erklären, ob sie zu „unseren Werten“ stehen: „Sonst stellen wir eigene Leute auf.“

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