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Nach Massaker in Hula: Auch die USA weisen syrischen Diplomaten aus

Mit diplomatischen Mitteln gegen das Assad-Regime: Als Reaktion auf das Massaker in Al-Hula weisen nach Deutschland und Frankreich nun auch die USA einen führenden Diplomaten aus.

Nach dem Massaker in der syrischen Region Hula mit mehr als 100 Toten weisen auch die USA den führenden syrischen Diplomaten aus. Der Geschäftsträger der syrischen Botschaft in Washington habe 72 Stunden Zeit, das Land zu verlassen, teilte das US-Außenministerium am Dienstag mit. Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland angesichts der anhaltenden Gewalt syrischer Regierungstruppen gegen Zivilpersonen und Mitglieder der Opposition den syrischen Botschafter Radwan Lutfi ausweist. Das kündigte Außenminister Guido Westerwelle am Dienstag in Berlin an. Lutfi muss die Bundesrepublik innerhalb von 72 Stunden verlassen. Der Botschafter war in den vergangenen Monaten mehr als ein halbes Dutzend Mal ins Auswärtige Amt einbestellt worden. Deutschland hatte am 9. Februar die Ausweisung von vier syrischen Diplomaten angeordnet. Westerwelle begründete dies damals mit einem Spionage-Verdacht. Hintergrund war allerdings auch die Klage syrischer Oppositioneller in Deutschland, dass sie vom Geheimdienst ihres Heimatlandes gezielt unter Druck gesetzt würden.

Auch Frankreich und Australien haben am Dienstag mehrere syrische Diplomaten des Landes verwiesen, ebenso wie Großbritannien und Italien.

Unterdessen warb der UN-Sondergesandte Kofi Annan in Damaskus erneut für seinen bereits im März vorgelegten Friedensplan. Die syrische Opposition sieht den Annan-Plan, der eine von unbewaffneten UN-Beobachtern überwachte Waffenruhe beinhaltet, als gescheitert an - zumal die Gewalt in Syrien seither unvermindert weitergeht.

Das Massaker von Al-Hula war die schlimmste Gräueltat an einem Ort seit dem Ausbruch der Proteste gegen das Assad-Regime vor fast 15 Monaten und hatte weltweit Entsetzen hervorgerufen. Bei dem Angriff am vergangenen Freitag waren mehr als 110 Menschen getötet worden, etwa ein Drittel davon Kinder. Die meisten Opfer des Massakers im syrischen Hula sind aus nächster Nähe erschossen worden. Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) erklärte am Dienstag, ganze Familien seien in ihren Häusern getötet worden. Zu diesem Schluss sei das UNHCR aufgrund von Angaben der UN-Beobachter und anderen Quellen gekommen. Danach starben weniger als 20 der 108 Opfer beim Artillerie-Beschuss der Region. „Die meisten anderen Opfer wurden bei zwei getrennten Zwischenfällen gemeinsam hingerichtet“, sagte UNHCR-Sprecher Rupert Colville vor Journalisten in Genf. Augenzeugen hätten mit der Regierung verbündete Milizionäre der Schabiha für die Angriffe verantwortlich gemacht. Diese operierten häufig in Absprache mit den Regierungstruppen.

Am Dienstag berichteten syrische Oppositionelle von neuen Bluttaten. Demnach töteten syrische Regierungstruppen 18 Zivilisten und 2 Deserteure. Die meisten von ihnen seien bei Gefechten und Artillerieangriffen in den Provinzen Homs und Aleppo sowie durch Heckenschützen gestorben. Unter den Toten seien drei Kinder.

Der australische Außenminister Bob Carr sagte am Dienstag in Sydney, der syrische Geschäftsträger und ein anderer Diplomat müssten das Land binnen 72 Stunden verlassen, „Das ist für uns die wirksamste Art, der syrischen Regierung eine Botschaft des Abscheus zu senden.“ Andere Regierungen würden diesem Beispiel folgen.

Angehörige der alawitischen Minderheit in Syrien forderten ihre regimetreuen Glaubensbrüder nach dem Massaker von Al-Hula zur Umkehr auf. In der von 138 Alawiten unterzeichneten Botschaft heißt es: „Wir erklären, dass wir das Massaker an den unschuldigen Bewohnern der Ortschaft Al-Hula, das vom syrischen Regime verübt wurde, auf das Schärfste verurteilen. (...) Keine Worte und keine Erklärung können die Schreie der Kinder aufwiegen.“ Die Alawiten, die in den umliegenden Dörfern lebten, sollten dabei helfen, die Schuldigen für diese Gräueltat zu benennen. Der Plan des Regimes, die Revolution in einen Kampf zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften und Ethnien zu verwandeln, müsse unbedingt durchkreuzt werden.

Präsident Assad gehört der Minderheit der alawitischen Muslime an, aus der auch zahlreiche Führungskader der Behörden und der Armee stammen. Die Mehrheit der syrischen Bevölkerung und der Protestbewegung sind sunnitische Muslime.

Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) verschlechtert sich die humanitäre Lage in den umkämpften syrischen Städten Homs und Hama jeden Tag. Die Geschäfte blieben immer öfter geschlossen. Auch die Stromversorgung funktioniere nur für etwa zwölf Stunden am Tag. „Den Menschen fehlt es an allem“, sagte der Delegierte des DRK für Syrien, Jean-Marie Falzone, dem Rundfunksender hr-iNFO. Durch den Bürgerkrieg sei es schwierig, an Lebensmittel, Medikamente und Hygieneartikel zu kommen. (dpa/dapd/rtr)

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