zum Hauptinhalt
Nach dem Massaker im syrischen Hula werden die Toten in einem Massengrab beigesetzt.

© reuters

Update

Nach Massaker in Hula: Syrische Opposition berichtet von neuen Gefechten

Der UN-Sicherheitsrat hat das Massaker im syrischen Hula scharf verurteilt - doch die Gewalt nimmt kein Ende. Aktivisten berichten von schweren Gefechten und Dutzenden Toten.

Syrische Aktivisten berichteten am Montag von schweren Gefechten zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Regimegegnern in der Provinz Daraa. Am Sonntag seien landesweit 51 Menschen getötet worden, meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Die meisten Opfer habe es in der Provinz Hama gegeben. Dort seien am Sonntagabend 24 Menschen bei Angriffen auf Wohnviertel mit leichten und schweren Waffen ums Leben gekommen. Unter den Toten seien sieben Kinder und Jugendliche. Ein 14 Jahre alter Junge sei am Montagmorgen von einem Heckenschützen getötet worden. In Daraa, wo der Aufstand gegen Präsident Baschar al-Assad im März 2011 begonnen hatte, zählten die Aktivisten in der Nacht vier tote Deserteure und 23 getötete Soldaten der Truppen des Regimes.

Nach dem Massaker an fast 120 Zivilisten in der syrischen Stadt Al-Hula hat der UN-Sicherheitsrat den Einsatz des syrischen Militärs unterdessen scharf kritisiert. Er verurteilte in einer nach einer Sondersitzung am Sonntag verabschiedeten Erklärung „mit den stärksten möglichen Worten“ das Blutbad mit Dutzenden toten Männern, Frauen und Kindern „bei einem Angriff in Wohngebieten“, bei dem es „mehrfachen Artillerie- und Panzerbeschuss von den Regierungstruppen“ gegeben habe.
Die Formulierung der Diplomaten enthält keine direkte Verurteilung der syrischen Regierung, das wäre am Widerstand Russlands gescheitert. Das Papier mit gerade einmal gut 20 Zeilen gehört aber zu den deutlichsten Worten, die der Sicherheitsrat in der seit 14 Monaten andauernden Krise mit mehr als 10.000 Toten bislang gefunden hat. Über Panzer und Artillerie verfügt nur das Regime. Zudem ist die Feststellung, dass die Regierung schwere Waffen in Wohngebieten einsetzt, zugleich ein scharfer Vorwurf, dass sich das Regime von Präsident Baschar al-Assad nicht an den Friedensplan hält. Auch die Angaben der Regierung in Damaskus wurden damit von den UN negiert: Damaskus hatte immer wieder behauptet, die schweren Waffen wie gefordert abgezogen zu haben.

Fotostrecke: Der Aufstand gegen Assad

Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig sah damit auch eine klare Verletzung der UN-Resolutionen. „Dafür ist die syrische Regierung verantwortlich zu machen. Sie missachtet den Friedensplan nicht nur, sie setzt ihn sogar aufs Spiel und fordert den Sicherheitsrat heraus. Das können wir nicht tolerieren.“ Der Chef der UN-Beobachtermission, General Robert Mood, hatte zuvor berichtet, bei dem Blutbad am Freitag in der Ortschaft Al-Hula bei Homs seien mindestens 108 Menschen ums Leben gekommen, etwa ein Drittel davon Kinder. Die UN-Experten hätten nicht nur Granathülsen von Kanonen- und Panzermunition gefunden, sondern auch Gebäude gesehen, die von solchen schweren Waffen zerstört worden seien. Zudem hätten die UN-Beobachter mit eigenen Augen Schützen- und auch Kampfpanzer gesehen.

"Die Beweise sind eindeutig."

„Die Beweise sind eindeutig, da ist nichts zweifelhaft“, sagte Wittig. „Da sind klare Spuren der Regierung bei diesem Massaker.“ Die Tode müssten unabhängig untersucht werden. „Wir sind nach wie vor der Meinung, dass wir eine Untersuchungskommission brauchen.“ Syriens UN-Botschafter Baschar Dschaafari blieb hingegen bei der Version seiner Regierung, dass „Terroristen“ für das Massaker an den Zivilisten verantwortlich seien. „Sie haben die Ernte, Häuser und selbst ein Krankenhaus niedergebrannt“, sagte Dschaafari. Er warf anderen Botschaftern des Sicherheitsrates vor, „die Welt an der Nase herumzuführen und Lügen zu erzählen“. Auf die Frage, wie er sich die Panzergranaten in den Wohngebieten erklären könne, antworte er nur: „Der deutsche und der britische Botschafter haben das falsch interpretiert.“

In einem zuvor dem Rat von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zugeleiteten vertraulichen Brief hatte es geheißen, Vertreter der Vereinten Nationen hätten in einer Moschee des Ortes 85 Leichen gesehen, darunter die von 34 Kindern. Die Todesursache habe nicht immer sofort zweifelsfrei festgestellt werden können. Doch neben Verletzungen durch Schrotmunition seien auch Wunden gesehen worden, die durch Kanonen- und Panzergranaten verursacht wurden.

Nach Angaben des norwegischen Chef-Beobachters Mood wurden nach dem Angriff in Al-Hula neben den Hülsen auch frische Spuren von Panzern entdeckt. Außerdem hätten die Beobachter Schützenpanzer und einen Kampfpanzer außerhalb des Ortes gesehen. Augenzeugen zufolge lagen noch Leichen in einer zweiten Moschee, aus Sicherheitsgründen habe die aber nicht untersucht werden können.
Später seien die Beobachter noch einmal zurückgekehrt und hätten drei Leichen, darunter die einer Frau und eines Babys, mit Schusswunden entdeckt. Sechs bis acht Leichen, darunter auch hier die mehrerer Kinder, seien unter UN-Aufsicht von einem Kontrollpunkt der Regierungstruppen in das Dorf zurückgebracht worden. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false