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Eine Flugzeug mit Todesopfern des Flugs MH17 an Bord verlässt den Flughafen von Charkiw.

© AFP

Nach MH17-Abschuss in der Ukraine: Piloten schlagen Alarm

Die Freigabe des Flughafens von Tel Aviv stößt auf scharfe Kritik. Auch der mutmaßliche Abschuss von Flug MH17 wirft Fragen zum Zustandekommen solcher Bewertungen auf. Unterdessen weitet die EU die Sanktionsliste gegen Russland aus.

Die deutsche Pilotenvereinigung Cockpit hat die am Donnerstag erfolgte Freigabe des Flughafens Tel Aviv durch die amerikanische und die europäische Luftfahrtbehörde scharf kritisiert. Diese Freigabe und der mutmaßliche Abschuss der malaysischen Boeing 777 über der Ostukraine haben bei Piloten grundsätzliche Zweifel an der bisherigen Risikobewertung für den internationalen Luftverkehr aufkommen lassen.

So spricht die europäische Pilotenvereinigung ECA von „einer Schwäche, wenn nicht einem Versagen“ der internationalen Bedrohungs- und Risikobewertung in der zivilen Luftfahrt. Es gebe offenbar große Unterschiede bei der Weitergabe von Informationen durch nationale Behörden an die Fluggesellschaften ihres jeweiligen Landes. Der Absturz von Flug MH17 in der Ukraine wirft zudem aus Sicht der Vereinigung der europäischen Luftverkehrsgesellschaften AEA – zu der auch Air Berlin und Lufthansa gehören – Fragen über das Zustandekommen solcher Bewertungen auf. Die AEA fordert Gefahreneinschätzungen durch unabhängige Quellen.

Die staatlichen Risikobewertungen würden dem Chicagoer Abkommen als einem Werk zur Regelung des internationalen Luftverkehrs nicht immer entsprechen, sondern seien oft von nationalen politischen Interessen geleitet, sagte ein Lufthansa-Sprecher dem Tagesspiegel.

Lufthansa und Air Berlin meiden weiterhin Flüge nach Tel Aviv

Die US-Bundesluftfahrtbehörde FAA hob ihr Verbot zum Anflug von Tel Aviv wieder auf. Zuvor habe man die neuesten Informationen sowie die Maßnahmen der israelischen Behörden zur Minderung potenzieller Gefahren für den zivilen Luftverkehr geprüft. Auch die europäische Flugsicherheitsagentur EASA hob ihre Warnung auf, empfahl aber den Airlines, über den Anflug nach eigener Risikoanalyse zu entscheiden. „Wir sehen das deutlich anders“, sagte Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg. „Uns ist nicht bekannt, dass sich an der Bedrohungslage grundlegend etwas geändert hat.“

Die Lufthansa und Air Berlin haben weitere Flüge nach Israel gestrichen. Nach einer Risikostudie der Situation in Tel Aviv werde der nahe der Stadt gelegene Flughafen Ben Gurion auch am Freitag nicht angeflogen, teilte die Lufthansa am Donnerstagabend in Frankfurt am Main mit. Sobald der Schutz des Flughafens nachweislich gewährleistet sei, werde der Flugbetrieb wieder aufgenommen. Betroffen seien alle Flüge von Lufthansa, Germanwings, Austrian Airlines, Swiss und Brussels Airlines. Vorgesehen gewesen seien insgesamt 16 Flüge aus Frankfurt, München, Köln, Zürich, Wien und Brüssel. Fluggäste könnten kostenlos umbuchen oder sich die Tickets erstatten lassen. Die Fluggesellschaften des Konzerns haben den Flughafen Ben Gurion seit Dienstag wegen der anhaltenden Raketengefahr nicht mehr angeflogen.

Auch Air Berlin will seine Flüge nach Tel Aviv mindestens bis Freitagmittag unterbrechen. Dabei arbeite das Unternehmen eng mit den Behörden zusammen und bewerte die Situation fortlaufend, hieß es in einer Mitteilung.

EU beschließt Ausweitung der Sanktionen gegen Russland

Angesichts des Bruchs der Regierungskoalition in der Ukraine erklärte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Donnerstag seinen Rücktritt als Konsequenz aus der Auflösung der Regierungskoalition. Am Vormittag hatten die Partei Udar des Kiewer Bürgermeisters und Ex-Box-Profis Vitali Klitschko sowie die nationalistisch geprägte Partei Swoboda von Oleg Tjagnibok ihren Austritt aus der Koalition verkündetet. Sie wollen damit den Weg für vorgezogene Parlamentswahlen ebnen.

Unterdessen beschlossen die EU-Staaten eine Ausweitung ihrer Sanktionen: Weitere 15 Russen und Ukrainer, neun Unternehmen und neun Institutionen sollen auf die Sanktionsliste gesetzt werden, sagte ein EU-Diplomat am Donnerstag in Brüssel. Darauf einigten sich die EU-Botschafter der 28 Mitgliedstaaten. (mit dpa)

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