zum Hauptinhalt

Politik: Nach Protesten gibt Paris die „Picknicksteuer“ auf

Frankreichs Regierung muss dem Widerstand der eigenen Parlamentarier Rechnung tragen. Auf Order von Präsident Nicolas Sarkozy nimmt Premierminister François Fillon von einer ökologischen Steuer-„Revolution“ Abstand: „Weder Picknicksteuer noch andere Abgaben.

Frankreichs Regierung muss dem Widerstand der eigenen Parlamentarier Rechnung tragen. Auf Order von Präsident Nicolas Sarkozy nimmt Premierminister François Fillon von einer ökologischen Steuer-„Revolution“ Abstand: „Weder Picknicksteuer noch andere Abgaben.“

Die Begeisterung der französischen Regierung für Ökosteuern hielt der Palastrevolte der eigenen Parlamentsmehrheit nicht lange stand. Kaum dass die von Ministern groß angekündigte „Picknicksteuer“ auf Wegwerfprodukte aus Plastik und Karton und andere Ökoabgaben auf besonders energie- und entsorgungsaufwendige Verbrauchsgüter spruchreif wurden, blies Premierminister François Fillon zum Rückzug: „Es werden keine neuen Abgaben eingeführt, weder eine Picknicksteuer noch eine Ausweitung des Bonus-Malus-System“ zur Preisbildung nach ökologischen Kriterien, entschied der Regierungschef, der nach Angaben von „Le Figaro“ entsprechende Anweisungen von Präsident Nicolas Sarkozy erhalten hatte. Der Unmut der Parlamentarier der Regierungspartei UMP über die Steuerpolitik war seit Monaten gewachsen.

Das von Umweltminister Jean-Louis Borloo als „revolutionär“ angepriesene Konzept von Ökosteuern zur Verteuerung oder steuerlichen Entlastung bestimmter Produkte entsprechend ihrer Umweltverträglichkeit provozierte bei der bürgerlichen Regierungsmehrheit offenen Widerstand. Zu seinem Rückzieher sagte Fillon, er bedauere eine „gewisse Überstürzung in der Kommunikation“. Ökosteuern zur Förderung des umweltbewussten Konsumierens waren an einer von der Regierung im Herbst 2007 organisierten großen Umweltkonferenz als eine der Prioritäten definiert worden. Entsprechend groß wird nun die Enttäuschung bei den Umweltschützern sein, die damals die Ergebnisse der Konferenz als großen Fortschritt gefeiert hatten. Völlig desavouiert ist damit auch die Nummer zwei der Regierung: Der für Ökologie, Umwelt und dauerhafte Entwicklung zuständige Staatsminister Borloo hatte vergeblich argumentiert, dank des Bonus-Malus-Prinzips werde insgesamt die Steuerbelastung nicht erhöht.

Der Kontext aber war auch ohne die weltweite Finanzkrise sehr ungünstig. Französische Medien hatten in diesen Tagen vorgerechnet, dass unter Präsident Sarkozy durchschnittlich eine neue Steuer oder Abgabenerhöhung pro Monat beschlossen wurde. Die „Picknicksteuer“ war dann der berüchtigte Tropfen, der bei der unzufriedenen Regierungsmehrheit das Fass zum Überlaufen zu bringen drohte.

Rudolf Balmer[Paris]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false