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Das Spitzenpersonal im Pentagon hat Donald Trump selbst ernannt.

© SAUL LOEB / AFP

Update

Nach Trumps Attacke auf das Militär: Ex-Verteidigungsminister Hagel wirft Trump Ahnungslosigkeit vor

Trumps Kritik an der Pentagon-Führung kommt gar nicht gut an. US-Präsident Donald Trump hatte die Militärspitzen als Kriegstreiber bezeichnet.

US-Präsident Donald Trump hat eine seltsame Art, sich zu verteidigen. Bei einer Pressekonferenz am Montagmittag (Ortszeit) im Weißen Haus, die eher einer Wahlkampfveranstaltung glich, wies er erneut einen Bericht des Magazins "The Atlantic" zurück, nach dem er sich herablassend über gefallene Soldaten geäußert haben soll.

Dieser Bericht ist unangenehm für ihn, belastet er doch einmal mehr das Verhältnis des Oberbefehlshabers zu seinem Militär. Trump ärgert sich über die Enthüllungen offenbar sehr - und auch darüber, dass ihn kaum einer der Top-Militärs verteidigt. Aber die Art und Weise, wie er auf reagierte, macht die Lage eher noch schlimmer.

Bei der spontan einberufenen Pressekonferenz, die erstmalig vor dem Nordeingang des Weißen Hauses stattfand, lobte Trump erst ausführlich die eigenen Leistungen und griff seinen Herausforderer, den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, an, den er unter anderem "dumm" nannte - alles keine wirklichen Neuigkeiten, die solch einen Auftritt an einem großen Feiertag (Labor Day) rechtfertigten.

Aber dann attackierte er die Militärführung, wie es wohl nur selten ein "Commander in Chief" öffentlich getan hat. Er warf ihr vor, Kriege anzuzetteln, um die Einnahmen der Rüstungskonzerne puschen zu wollen.

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"Ich sage nicht, dass das Militär mich liebt - die Soldaten tun es, aber die Führung im Pentagon wohl eher nicht, weil sie nichts anderes wollen, als Kriege zu führen, um alle diese wunderbaren Firmen, die die Bomben, die Flugzeuge und alles andere herstellen, glücklich zu machen."

Trump lobt sich selbst immer wieder, die Militärausgaben deutlich erhöht zu haben

Das Spitzenpersonal im Pentagon, allen voran Verteidigungsminister Mark Esper, hat Trump selbst ernannt. Und er war es auch, der sich immer wieder für die Erhöhung der Militärausgaben selbst lobte, nachdem die Vorgängerregierung von Barack Obama das Militär "runtergewirtschaftet" habe.

Der US-Verteidigungsetat erhöhte sich von 2019 auf 2020 um 22 Milliarden auf 738 Milliarden Dollar. Trump hatte dies nach der Einigung des Kongresses, bei der sich seine Republikaner durchgesetzt hatten, begrüßt und von einem "historischen" Etat gesprochen.

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Es war aber auch nicht das erste Mal, dass Trump hochrangige Militärs angriff. So verhöhnte er den verstorbenen republikanischen Senator und Kriegshelden John McCain und auch seinen ehemaligen Verteidigungsminister, den Viersternegeneral Jim Mattis. Warum er das tut, ist schwer nachvollziehbar, braucht Trump doch eigentlich die Unterstützung des Militärs, eine wichtige Wählergruppe der Republikaner.

Einmal mehr meldeten sich unmittelbar nach Trumps Einlassungen hochdekorierte Veteranen, um dem Präsidenten zu widersprechen. So erklärte der ehemalige Konteradmiral der Navy, John Kirby, auf CNN: "Die Äußerungen des Präsidenten über die Motivation der Militärführung setzt nicht nur deren Dienst herab und den derjenigen, die sie anführen. Sondern sie machen genau die Verachtung und Gedankenlosigkeit glaubwürdig, die er bestreitet."

Ex-Verteidigungsminister Hagel: Das zeigt, wie wenig Trump vom Militär hält

Chuck Hagel, einst unter dem demokratischen Präsidenten Obama als Republikaner Verteidigungsminister, sagte dem Tagesspiegel am Dienstag, Trump zeige damit, wie wenig er vom Militär verstehe und wie gering er dessen Leistungen für das Land schätze. "Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein: Militärische Anführer sind nicht scharf darauf, in den Krieg zu ziehen. Sie sind die Allerletzten, die das wollen!"

Diese Bemerkungen und der Magazinbericht würden bei den Soldaten widerhallen, sagte Hagel. Denn Trump habe sich schon häufiger über Amerikaner herablassend geäußert, die gedient hätten. Dass aktive Militärs sich öffentlich nicht äußerten, hält er für richtig. "Sie halten sich bewusst aus der Politik raus und reagieren eben nicht auf das, was Politiker sagen." Dagegen hätten sich in den vergangenen Monaten ungewöhnlich viele hoch angesehene Veteranen zu Wort gemeldet, um dem Präsidenten zu widersprechen. Das habe es so noch nie gegeben, sagte Hagel.

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"The Atlantic" hatte am Donnerstag berichtet, Trump habe sich während einer Frankreich-Reise im November 2018 über im Ersten Weltkrieg gefallene US-Soldaten lustig gemacht. Der US-Präsident hatte demnach einen geplanten Besuch des US-Militärfriedhofs Aisne-Marne bei Paris mit den Worten abgelehnt: "Warum sollte ich diesen Friedhof besuchen? Er ist voller Verlierer."

Später habe er die mehr als 1800 auf dem Friedhof bestatteten US-Soldaten als "Trottel" bezeichnet, berichtete "The Atlantic" unter Berufung auf vier Zeugen. Offiziell hatte die US-Delegation die Absage des Friedhofsbesuchs mit zu schlechtem Wetter für einen Hubschrauberflug begründet.

Seitdem tobt der Streit, ob dieser Bericht stimmt oder nicht. Mehrere US-Medien bestätigten den Artikel oder Teile davon, darunter neben der Nachrichtenagentur AP und CNN auch der Trump eigentlich gewogene Sender Fox News. Dagegen dementierten Personen aus Trumps Umfeld, dass sich der Präsident so geäußert habe.

Die Trump-Kampagne verschickt eine "Zeugenliste"

Selbst sein ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton, der im Streit ausschied und gerade erst ein sehr Trump-kritisches Buch veröffentlicht hat, erklärte, er habe dies nicht gehört. In seinen Memoiren führt Bolton technische Gründe für die Entscheidung Trumps an, an der Gedenkzeremonie auf dem Friedhof nicht teilzunehmen. Demnach erschwerte Regen die Anreise mit einem Hubschrauber, eine Fahrt wiederum wäre zu lang und zu umständlich gewesen.

Trump ging am Montag auch selbst noch einmal auf das "allerschlimmste" Wetter und die Hubschrauber ein, von denen er "sehr viel verstehe". Ein Flug sei nicht möglich gewesen.

Alle anderen Staats- und Regierungschef habe das Wetter allerdings nicht davon abgehalten, an der Zeremonie teilzunehmen, sagte Ex-Verteidigungsminister Hagel. "Bundeskanzlerin Merkel ist dahingekommen, genauso wie Frankreichs Präsident Macron und der türkische Staatschef Erdogan. Nur Trump nicht."

Das Thema beschäftigt den Präsidenten weiter - und diejenigen, die für ihn Wahlkampf machen. Die Trump-Kampagne versandte am Montagnachmittag eine Mail mit 19 "Zeugen", die belegten, dass "The Atlantic" die Story erfunden habe. 13 davon seien in Paris dabei gewesen.

Unter den Erwähnten sind First Lady Melania Trump, die damalige und die heutige Pressesprecherin, Sarah Huckabee und Kayleigh McEnany, sein Stabschef Mark Meadows, der US-Botschafter in Frankreich Jamie McCourt sowie die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley, die als Aspirantin auf die Nachfolge Trumps gilt. Außerdem zählt Zack Fuentes, ein Mitarbeiter des früheren Stabchefs John Kelly, dazu. Kelly selbst, ein ehemaliger General des United States Marine Corps, schweigt bislang.

Steht Trumps Verteidigungsminister Esper auf der Kippe?

Überhaupt findet sich auf der versandten "Zeugenliste" kaum ein hochrangiger Offizier, ob im aktiven Dienst oder Veteran, der sich zu Gunsten des Präsidenten äußert. Darin liegt die große Gefahr für Trump: dass sich sein Verhältnis zum Militär weiter rasant abkühlt.

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In US-Medien heißt es, Trump könnte Verteidigungsminister Esper bald ablösen, mit dem er bereits seit längerem unzufrieden sei. Da aber in weniger als zwei Monaten gewählt wird, wäre das ein riskantes Unterfangen. Esper ist bereits der dritte Pentagon-Chef der Regierung Trump.

Esper hat unter anderem den Unmut des Präsidenten auf sich gezogen, als er im Juni angesichts der Unruhen in mehreren US-Städten erklärte, er sei dagegen, das Militär gegen die Demonstranten einzusetzen. Der Einsatz von Berufssoldaten im Inland sollte nur das "letzte Mittel" in den "dringlichsten und äußersten Situationen" sein. "Wir befinden uns derzeit nicht in einer solchen Situation."

Trump hatte zuvor damit gedroht: "Wenn eine Stadt oder ein Bundesstaat sich weigert, Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um das Leben und den Besitz ihrer Bürger zu schützen, dann werde ich das Militär der Vereinigten Staaten einsetzen und das Problem schnell für sie lösen." Damit hatte er viel Kritik von Seiten des Militärs auf sich gezogen. Und mit Kritik, das hat sich in den vergangenen vier Jahren gezeigt, kann dieser Präsident nicht gut umgehen.

Das Problem für Trump ist nur, dass er mit jedem dieser Auftritte neuen Unmut schürt. Die Stimmung unter den Soldaten ist ohnehin nicht gut.

Einer im Sommer veröffentlichten Umfrage der "Military Times" und des Veteranen-Instituts der Syracuse University zufolge sprechen sich nur 37,4 Prozent der aktiven Armeemitglieder für Trumps Wiederwahl aus. 43,1 Prozent ziehen demnach seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden vor. Dabei äußerte sich Trump, der selbst nicht gedient hat, zu Beginn seiner Amtszeit immer wieder bewundernd über das Militär. Diese Liebe scheint nun abgekühlt.

"Trumps Äußerungen betreffen nicht nur die amerikanischen Soldaten, deren Familien und die Veteranen", sagte Hagel. "Dieses Land verehrt seine Veteranen. Es verehrt sein Militär. Daher verärgert dieses Verhalten nicht nur das Militär, sondern alle Bürger, die das Militär respektieren. Das Weiße Haus ist zurecht sehr besorgt."

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