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Ungarische Demonstranten vor dem Parlament in Budapest

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Nach umstrittenen Äußerungen: Antisemitismus in Ungarns Parlament - Zentralrat der Juden fordert EU zum Handeln auf

Ein ungarischer Parlaments-Abgeordneter hatte die Erfassung jüdischer Regierungsmitglieder gefordert die eine "Gefahr für die nationale Sicherheit" darstellen. Aus Protest trugen ungarische Abgeordnete am Dienstag gelbe Sterne.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die EU zu Maßnahmen gegen die rechtsextreme ungarische Jobbik-Partei aufgefordert. Die Mitgliedsstaaten, das EU-Parlament und die Kommission sollten Budapest „sehr deutlich machen: wer diesen widerlichen Rassismus toleriert, verstößt gegen die elementaren Werte der EU“, sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Er bezog sich damit auf antisemitische Äußerungen des Jobbik-Abgeordneten Marton Gyöngyösi, der die Erfassung jüdischer Mitglieder von Ungarns Regierung und Parlament auf einer Liste gefordert hatte.

Graumann nannte die Forderung einen „ungeheuerlichen Akt von rasendem Antisemitismus, wie man ihn bisher nur aus dunklen Geschichtsbüchern kannte und so in einem Parlament der EU noch nicht erlebt hat“. Die Jobbik warte seit dem Betreten der öffentlichen politischen Bühne „mit einem ganzen Ensemble von Antisemiten und Rassisten auf und verbreitet ihr menschenverachtendes Programm ungehindert auch im Europäischen Parlament“. Die „gemeinsamen europäischen Grundprinzipien“ trete sie „mit Füßen“. Der ungarischen Regierung warf er vor, „diesen offenen Rassismus“ bereits viel zu lange zugelassen zu haben.

Der Jobbik-Abgeordnete Marton Gyöngyösi hatte mit seinen Äußerungen Empörung ausgelöst.
Der Jobbik-Abgeordnete Marton Gyöngyösi hatte mit seinen Äußerungen Empörung ausgelöst.

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Gyöngyösi hatte am Montag im Parlament gefordert, jüdische Parlaments- und Regierungsvertreter, die eine „Gefahr für die nationale Sicherheit“ darstellten, auf einer Liste zu erfassen. Die Regierung verurteilte dies am Dienstag „auf das Schärfste“, die Vereinte ungarische jüdische Gemeinschaft kündigte eine Klage gegen Gyöngyösi an. Dieser entschuldigte sich später bei seinen „jüdischen Landsleuten“ und erklärte, falsch verstanden worden zu sein und eine Liste von Bürgern mit ungarisch-israelischer Staatsbürgerschaft gefordert zu haben. In jüngster Zeit stieg die Zahl antisemitischer Zwischenfälle in Ungarn deutlich.

Aus Protest gegen die Äußerungen trugen ungarische Abgeordnete am Dienstag gelbe Sterne wie sie Juden während der Zeit des Nationalsozialismus' an ihrer Kleidung befestigen mussten. Vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Budapest versammelten sich hunderte Menschen zu einer Kundgebung gegen Gyongyosi.

Gyongyosi hatte dem ungarischen Außenministerium am Montag vorgeworfen, Israel zu unterstützen. Der Nahost-Konflikt sei die Gelegenheit, um zu erfassen, „wie viele Menschen jüdischen Ursprungs es hier, und vor allem im ungarischen Parlament und der ungarischen Regierung, gibt, die ein gewisses Risiko für die nationale Sicherheit Ungarns darstellen“, sagte er. Dem Holocaust fielen allein rund 550.000 ungarische Juden zum Opfer, davon viele im Konzentrationslager Auschwitz. Heute leben etwa 100.000 Juden in Ungarn.

Angesichts der jüngsten Äußerungen Gyongyosi kündigte der ungarische Parlamentspräsident Laszlo Kover Pläne für eine Änderung der parlamentarischen Vorschriften an. Dadurch sollten Sanktionen gegen Abgeordnete möglich sein, die mit Handlungen oder Äußerungen wie jenen von Gyongyosi auffielen. (dapd/AFP)

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