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Nach Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland: Zeit der Ratlosigkeit

Mit der Einigung auf das Rettungspaket und der Zustimmung des Bundestages sind noch längst nicht alle Probleme gelöst. Doch nun können alle Beteiligten zu einem normalen Umgangston zurückkehrten, was der Sache und dem europäischen Miteinander dienlich wäre. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Eine absurde Situation – noch nie hat der Bundestag mit einer so großen Mehrheit einem Hilfspaket für Griechenland zugestimmt, aber noch nie auch war diese Mehrheit in sich so zweifelnd an der eigenen Entscheidung und so unterschiedlich in der Begründung des Votums. Viele Abgeordnete von CDU, SPD und wohl auch der CSU fühlten sich von einer gesamteuropäischen Verantwortung getrieben. Keiner wollte schuldig werden an einem Auseinanderbrechen des Euro-Paktes. Die Grünen und stärker noch die Parlamentarier der Linken, die eigentlich gegen die Griechenlandpolitik der Koalition sind, stimmten dennoch zu, weil sie die neue linke Regierung in Athen stützen wollten.

Nur Zeit gekauft

Allen aber, gleich welcher Partei, war klar, dass sich Europa mit der Verlängerung des Hilfsprogramms nur vier Monate Zeit gekauft hat, Zeit, die die neue griechische Regierung nutzen sollte, möglichst viele jener Reformen einzuleiten, über die seit einem halben Jahrzehnt gesprochen wird, von denen aber durch die Vorgängerkabinette in Athen die wenigsten umgesetzt worden sind. Längst vergessen in Griechenland ist, zumindest erweckt die anti-europäische Regierungspropaganda diesen Eindruck, dass am Beginn der Krise nicht die böse Troika stand, sondern eigenes Verschulden.

Mit der Einführung der stabilen Euro-Währung wurde es plötzlich billig, sich zu verschulden, und dass tat der griechische Staat ab 2001 nach Kräften. Das Geld floss aber nicht in die seit Jahrzehnten überfälligen Strukturreformen der öffentlichen Verwaltung, sondern in mehr Personal. Als die Staatspleite nicht mehr zu übersehen war, sprang Europa ein, und rettete Banken, griechische und deutsche und französische, zum Profit auch der Geldgeber aus diesen Ländern. Denen wurde damit vom Staat das Risiko ihrer Investitionen auf Kosten der Steuerzahler abgenommen. Dass Griechenlands Regierungen sich das Geld nicht etwa von den Reichen zurückholten, die kaum Steuern zahlen, sondern die Armen ausquetschte, wird von der neuen Regierung jetzt der Troika aus EU, EZB und IWF angelastet. Die legte zwar das Volumen der Sparmaßnahmen fest, deren Ausführung aber erst, als sich die Athener Verantwortlichen drückten.

Argumente der Konservativen schaden dem europäischen Miteinander

Sollte die Tsipras-Regierung nun die Akzente anders setzen, wäre das ein großer Fortschritt. Europa muss ihr dabei helfen. Es hat keinen Sinn, die griechischen Wähler dafür zu beschimpfen, dass sie für extreme Parteien gestimmt haben. Aus Sicht der einfachen Menschen, die ohne Arbeit und Krankenversicherung dastehen, war es eine logische Entscheidung, für den zu votieren, der Abhilfe versprach. Wenn alle Beteiligten nun zu einem normalen Umgangston zurückkehrten, wäre es deshalb der Sache und dem europäischen Miteinander dienlich. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble sind nicht die Anführer einer neuen deutschen Besatzungsmacht. Die drohenden Polemiken der deutschen Konservativen gegenüber Griechenland erwecken leider genau diesen Eindruck.

Davon unbenommen haben die Bürger der anderen Euro-Staaten durchaus Grund, sich Sorgen um Griechenland und um sich selbst zu machen. Die Banken schaffen es am Ende meistens, mit einem guten Schnitt rauszukommen. Im Extremfall der griechischen Staatspleite haften jedoch die Steuerzahler der anderen Euro-Länder. Käme es dazu, wäre weit mehr verloren als Griechenland im Euro.

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