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© dpa

Nachbarschaftsgespräche: Ebene der Mühen

Am Montag treffen sich Merkel und Sarkozy – der Autostreit zwischen Frankreich und Deutschland bleibt dabei wohl noch ungelöst.

Eigentlich hätte das Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy im niederbayrischen Straubing, das am kommenden Montag stattfindet, schon Anfang März über die Bühne gehen sollen. Aber Sarkozy bat um eine Verschiebung – nicht zuletzt, weil er im Frühjahr unter großem innenpolitischen Druck stand. Wenn das Treffen jetzt nachgeholt wird, dann werden zwar keine richtungsweisenden Beschlüsse erwartet. Dafür bietet der Gipfel aber eine Möglichkeit, einige Konfliktthemen zu erörtern. Als er bei der Verleihung des Karlspreises Anfang Mai die Laudatio auf Merkel hielt, schwärmte Sarkozy vom Einsatz der Kanzlerin für Europa. Die unterschiedlichen Akzente in Berlin und Paris bei zahlreichen politischen Themen machen aber deutlich, dass es im deutsch-französischen Verhältnis neben den Sonntagsreden auch die Mühen der politischen Ebene gibt. Eine Übersicht:

CO2-Ausstoß bei Neuwagen: Seit Monaten arbeiten Berlin und Paris an einem Kompromiss in der Frage, wie streng ab 2012 die Auflagen für die Automobilhersteller aus Deutschland und Frankreich beim Klimaschutz sein sollen. Trotz der intensiven Gespräche wird beim Gipfel am Montag noch nicht mit einem Durchbruch gerechnet.

Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich über die Verschärfung der CO2-Grenzwerte bei Neuwagen gestalten sich deshalb so schwierig, weil bei den beiden großen europäischen Autonationen unterschiedliche Interessen auf dem Spiel stehen. In Frankreich werden im Gegensatz zu Deutschland vor allem Klein- und Mittelklassewagen hergestellt, die weniger Kohlendioxid ausstoßen als deutsche Premium-Modelle. Während Frankreichs Umweltminister Jean-Louis Borloo bei der C02-Reduzierung vor allem deutsche Hersteller in der Pflicht sieht, will sein deutscher Amtskollege Sigmar Gabriel die Lasten für die deutsche Pkw-Industrie möglichst gering halten. Ein Kompromiss bei der Lastenteilung zwischen Deutschland und Frankreich dürfte auch Signalwirkung für die Diskussion zwischen allen 27 EU-Staaten über einen geringeren Kohlendioxid-Ausstoß bei Neuwagen haben. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, dass neue Pkw ab 2012 im Schnitt nur noch 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer in die Luft blasen sollen. Derzeit liegt der Wert bei 160 Gramm.

Erleichterungen bei Energiekosten: Sarkozy sieht sich seit Wochen dem Protest der Hochseefischer in Frankreich gegenüber, die geringere Dieselpreise verlangen. Auch aus diesem Grund verlangt Frankreichs Präsident, die Mehrwertsteuer auf Heizöl und Benzin EU-weit zu senken. Dies müsste allerdings von allen Mitgliedstaaten getragen werden – und ein solcher Konsens zeichnet sich nicht ab. Der Berliner Ressortchef Peer Steinbrück gehört zu den Finanzministern in der EU, die eine Senkung der Mehrwertsteuer ablehnen. Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde und Sarkozy werden voraussichtlich beim Gipfel in Straubing angesichts des hohen Ölpreises dennoch mögliche Ausgleichsmaßnahmen für besonders betroffene Gruppen zur Sprache bringen.

Außenpolitik: Zwar steht die Außenpolitik nicht im Zentrums des Treffens am Montag, bei dem vor allem Klima- und Energiefragen erörtert werden. Aber auch über die Begegnung in Straubing hinaus dürften unterschiedliche außenpolitische Ansätze in Paris und Berlin von Bedeutung bleiben. Das gilt unter anderem für die Nahost- und die China-Politik. So lehnt die Bundesregierung in der Nahostregion Kontakte mit der radikalislamischen Hamas-Bewegung ab, weil sie die Autonomiebehörde von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas nicht schwächen möchte. Frankreich verfolgt hingegen einen anderen Kurs. So fand kürzlich ein Treffen zwischen einem früheren französischen Diplomaten und Hamas-Regierungschef Ismail Hanija im Gazastreifen statt.

Was China anbelangt, so nimmt Kanzlerin Merkel grundsätzlich eine kritische Haltung zur chinesischen Menschenrechtspolitik ein. Sarkozys Linie ist weniger eindeutig. Als er im vergangenen November nach China reiste, durfte seine für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin Rama Yade nicht mitkommen. Nach den Unruhen in Tibet sagte Sarkozys Außenminister Bernard Kouchner, die EU solle einen Boykott der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Betracht ziehen. Später nahm er den Vorschlag wieder zurück. Die Kanzlerin hatte den Chinesen bereits im Februar gesagt, dass sie nicht zur Eröffnungsfeier kommen werde – sie hatte dies allerdings auch ohnehin nie geplant. Sarkozy, der die EU während der Olympischen Spiele als Ratsvorsitzender vertreten wird, hat bislang offen gelassen, ob er an der Eröffnungsfeier teilnimmt.

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