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Nahost: Geistiger Führer der Schiiten des Libanon tot

Der schiitische Großajatollah Mohammed Hussein Fadlallah ist in der Nacht zum Sonntag in Beirut gestorben. Er galt als große religiöse Autorität, die auch im Irak großen Einfluss hatte.

Er war der große alte Mann der libanesischen Schiiten – klug und umfassend gebildet, radikal und gleichzeitig gegenüber modernen Ideen aufgeschlossen. Den Vereinigten Staaten galt er als Mentor der Hisbollah, was er stets zurückgewiesen hat. In der Nacht zum Sonntag ist der schiitische Großajatollah Mohammed Hussein Fadlallah in einem Krankenhaus in Beirut an inneren Blutungen gestorben. Sein Leben lang war der 74-Jährige eine religiöse Autorität, die auch im Irak großen Einfluss hatte. Washington dagegen setzte den eloquenten Gottesmann zusammen mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah auf seine Terrorliste.

Geboren wurde Fadlallah am 16. November 1935 im mittelirakischen Nadschaf, wohin seine Eltern aus einem Dorf im Südlibanon emigriert waren. Seit Jahrhunderten war die Stadt am Euphrat eines der wichtigsten Zentren schiitischer Gelehrsamkeit, wo auch Ajatollah Chomeini den größten Teil seines Exils verbrachte. Fadlallah dagegen war Schüler von Ayatollah Mohammed Baqr as-Sadr, der als Vordenker einer schiitischen Befreiungstheologie 1980 von Saddam Hussein hingerichtet wurde.

Zurück im Libanon gründete der begabte Prediger islamische Religionsschulen, aber auch Krankenhäuser, Büchereien und Kulturzentren, um den neu erwachten politischen Anspruch seiner Glaubensgemeinschaft zu verankern. Zur iranischen Revolution dagegen ging er bald auf Distanz. Teheran verstünde die komplexen Verhältnisse im Libanon nicht, kritisierte er. Einen Gottesstaat nach iranischem Vorbild lehnte er ab.

Fadlallah gehört zu den Mitbegründern der libanesischen Hisbollah und der irakischen Dawa-Partei, aus der der amtierenden Ministerpräsident Nuri al-Maliki hervorging. In seinen Fatwas setzte sich der Vater von elf Kindern auch immer wieder für die Rechte von Frauen ein – unter anderem verurteilte er die weibliche Genitalverstümmelung und sogenannte „Ehrenmorde“. Mehrfach äußerte sich der schiitische Gelehrte auch zum Einsatz von Gewalt im Namen des Islam. Zu Zeiten der israelischen Besatzung im Südlibanon hielt er Selbstmordattentate auf israelische Soldaten für gerechtfertigt. Dezidiert verurteilte er dagegen die Anschläge vom 11. September. Die Al-Qaida-Kämpfer seien keine Märtyrer, sagte er damals, sondern „bloße Selbstmörder“.

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