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Politik: Nahost: Häuserkampf in Hebron

Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt geht weiter - unabhängig vom beidseitig verkündeten Waffenstillstand. Die geteilte Westbank-Stadt Hebron ist nach einer längeren Periode relativer Ruhe zum Zentrum der Kampfhandlungen geworden, in die auch die extremistischen Siedler aktiv eingreifen.

Die Eskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt geht weiter - unabhängig vom beidseitig verkündeten Waffenstillstand. Die geteilte Westbank-Stadt Hebron ist nach einer längeren Periode relativer Ruhe zum Zentrum der Kampfhandlungen geworden, in die auch die extremistischen Siedler aktiv eingreifen. Die 400 Siedler in der Stadt, von denen allerdings die Mehrheit aus orthodoxen Religions-Studenten mit nur zeitweiligem Wohnsitz besteht, und ihre Gesinnungsfreunde in der nahegelegenen Großsiedlung Kiryat Arba sind jetzt zur "privaten jüdischen Reaktion" übergegangen: Sie verüben Provokationen und Racheakte unabhängig von den Aktionen der israelischen Armee. Dabei nutzen sie vor allem die Tatsache aus, dass die über 20 000 Palästinenser im israelisch kontrollierten Stadtteil nach jedem Zwischenfall unter Ausgehverbot stehen.

Am vergangenen Mittwoch hatte der innerisraelische Geheimdienst Shabak davor gewarnt, dass die Siedler von Hebron "unmittelbar vor der Explosion" stünden. Am Tag darauf erschossen Palästinenser zwei Siedler am Stadtrand von Hebron. Die massive israelische Reaktion blieb nicht aus. Israelische Infanterie, unterstützt durch Panzer und Raketengeschosse, marschierte mehrere hundert Meter in das palästinensische Stadtgebiet mit seinen über 100 000 Einwohnern ein, zerstörte fünf Stellungen der "Force 17"-Präsidialgarde und verwundete drei Angehörige dieser palästinensischen Eliteeinheit.

Dazu kamen die Racheakte der Siedler. Jugendliche aus Kiryat Arba setzten palästinensische Felder in Brand und entwurzelten Bäume. Außerdem schlugen sie Fensterscheiben von Häusern und Autos ein, zerstachen Reifen und bewarfen vorbeifahrende Autos mit Steinen. Beim spät erfolgten Versuch, die Jugendlichen an ihren Taten zu hindern, wurden mehrere Angehörige der israelischen Sicherheitskräfte verletzt. Das ganze Wochenende über gaben die Hebron-Siedler, die allesamt als äußerst radikal und gewaltbereit gelten, keine Ruhe. Auch die Palästinenser entfachten das Feuer immer wieder.

Am Sonntagmorgen marschierten Dutzende meist junge Siedler durch die militärische Sperrzone, die die beiden Stadtteile trennt, ins palästinensische Stadtgebiet. Dort erstürmten sie ein palästinensisches Haus, das sie als jüdisches Eigentum betrachten. Erst nach längerer Zeit bemerkte die Armee diese Aktion und bewog die Siedler, das Haus wieder zu verlassen. Die Siedler wiederum bezeichneten ihre Aktion als Protest gegen den anhaltenden Beschuss ihrer Wohnungen durch palästinensische Scharfschützen. Außerdem verwiesen sie auf die Schwierigkeiten der Armee bei der Bewachung der Grenzlinie, die im unbemerkten Einmarsch der Siedler in den anderen Stadtteil bewiesen worden seien.

Die militanten Hebron-Siedler forderten schon zu Zeiten der Regierung Barak die Rückeroberung der hoch gelegenen palästinensischen Stadtteile, von denen aus die jüdischen Siedlerhäuser immer wieder unter Beschuss genommen wurden. Die Armee erklärte dies zwar für militärisch machbar, warnte aber vor den Konsequenzen. Die Siedler hofften, dass ihr Idol Ariel Scharon endlich zumindest den Abu Sneinah-Hügel erobern lassen würde, von dem aus die meisten Schüsse abgegeben worden waren. Weil Scharon dies nach wie vor ablehnt, ist ihre Enttäuschung über ihn umso größer. Dies hat nun ihre "private jüdische Reaktion" ausgelöst. Bisher hatten die Siedler immer bestritten, hinter den Gewaltakten gegen die Palästinenser zu stehen. Diese reagierten am Sonntagmittag erwartungsgemäß. Erneut nahmen palästinensische Scharfschützen von Abu Sneinah aus Siedler und ihre Häuser unter Beschuss.

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