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Politik: Nahost: In der Defensive

Ein Jahr nach Amtsantritt von Ministerpräsident Ariel Scharon hat die israelische Armee erstmals seit 15 Jahren wieder palästinensische Flüchtlingslager unter ihre Kontrolle gebracht. Nachdem sie in der Nacht auf Donnerstag in das Flüchtlingslager Balat bei Nablus einmarschiert waren und das Lager Jenin bei der gleichnamigen Westbankstadt umzingelt hatten, drangen die Truppen in der darauf folgenden Nacht auch in Jenin ein.

Ein Jahr nach Amtsantritt von Ministerpräsident Ariel Scharon hat die israelische Armee erstmals seit 15 Jahren wieder palästinensische Flüchtlingslager unter ihre Kontrolle gebracht. Nachdem sie in der Nacht auf Donnerstag in das Flüchtlingslager Balat bei Nablus einmarschiert waren und das Lager Jenin bei der gleichnamigen Westbankstadt umzingelt hatten, drangen die Truppen in der darauf folgenden Nacht auch in Jenin ein. Erneut kam es zu heftigen Schusswechseln mit vielen Toten.

Ein Sprecher der Armee erklärte, Ziel der Aktion sei es, "den Terroristen deutlich klarzumachen, dass es keinen sicheren Ort gibt, an den die Armee nicht gelangt in ihrem Kampf gegen den Terror". In dem 20 000 Einwohner großen Balata seien große Arsenale von Bomben, Minen, Raketen, Mörsern und anderen Waffen angelegt worden, und tatsächlich habe man Sprengstoff und Minen gefunden. Viele Palästinenser seien allerdings mit ihren Waffen geflüchtet, um sich ihrer Festnahme zu entziehen.

Welche politischen Ziele Scharon mit diesem Vorgehen anstrebt, war allerdings umstritten. Seine Kritiker nehmen an, die "sich im Ausland schlecht verkaufende" Aktion gegen die Flüchtlingslager sei Teil von Scharons Plan, den Konflikt mit den Palästinensern mit militärischen Mitteln zu beenden. Im Kern aber gehe es Scharon darum, im Inland, bei den von ihm enttäuschten Wählern des rechten "Nationalen Lagers" Boden gutzumachen.

Exakt ein Jahr nach seinem Amtsantritt ist nämlich - so das Ergebnis der neuesten, am Freitag in der Zeitung "Maariv" veröffentlichten Meinungsumfrage - erstmals eine absolute Mehrheit von 53 Prozent der Bevölkerung mit Scharons Amtsführung nicht zufrieden, während vor einem Monat noch 45 Prozent unzufrieden waren. Zufrieden mit ihm äußerten sich damals 49 Prozent, jetzt nur noch 42 Prozent. Scharon befindet sich also im freien Fall, was auch die Antworten auf die Frage nach dem bevorzugten Ministerpräsidenten-Kandidaten der Rechten beweisen. Benjamin ("Bibi") Netanjahu führt jetzt deutlich mit 35 zu 25 Prozent vor Scharon. Während "Bibi" sein Vormonatsergebnis halten konnte, fiel Scharon um neun Prozentpunkte zurück. Noch schlimmer sieht es für Scharon bei den Wählern der Rechten aus. Hier liegt Netanjahu mit 52 zu 25 Prozent vorne, gegenüber 48 zu 33 Prozent im Vormonat.

Warum dieser Absturz in der Wählergunst? Die Umfrage gibt auch hier die Antwort: 73 Prozent aller Wähler und 64 Prozent der rechten Wähler sind der Ansicht, dass Scharon seine Wahlversprechen nicht eingehalten habe. Bekanntlich war er mit dem Slogan: "Nur Scharon bringt Frieden und Sicherheit" angetreten und hatte mit 62,5 Prozent der Stimmen gegen nur 37,4 Prozent für Amtsinhaber Barak überdeutlich gesiegt. Nun, ein Jahr später, nach unzähligen Toten und Verletzten auch auf israelischer Seite und fehlender Aussicht auf eine eigene politische Initiative für eine Konfliktlösung, sind 42 Prozent aller Israelis der Meinung, ihre Regierung sollte den saudiarabischen Friedens-Vorschlag annehmen.

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