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© Reuters

Nahost: Israel frisst Ostjerusalem auf

Jerusalem bewilligt den Bau eines jüdischen Wohngebiets mitten im arabischen Viertel Schuafat. USA und Palästinenser protestieren.

Die systematische Besiedlung palästinensischen Landes in Ostjerusalem geht täglich weiter. Am Mittwoch hat der Jerusalemer Distriktsrat für Planung und Bau den Bauplan eines jüdischen Wohngebietes mitten im arabischen Viertel Shuafat im nördlichen Teil Ostjerusalems bewilligt. Laut einer Meldung des israelischen Rundfunks am Mittwochnachmittag sollen dort drei fünfstöckige Wohnblöcke für insgesamt 50 Familien erstellt werden. In Shuafat befindet sich auch das gleichnamige Flüchtlingslager, das einzige auf – annektiertem – israelischem Staatsgebiet.

Washington und die Palästinenser protestierten am Mittwoch zunächst gegen eine andere Baubewilligung vom Vortag: gegen den neuesten Beschluss des Planungs- und Bauausschusses der Jerusalemer Stadtverwaltung, den Bau von drei Wohnblöcken auf dem Ölberg zu bewilligen. Die linke Meretz-Fraktion im Stadtparlament legte umgehend gegen den in einem handstreichartigen Akt beschlossenen Entscheid Einspruch ein, sodass die endgültige Entscheidung, diesmal durch das Rat-Plenum, erst in einigen Wochen gefällt wird. Der Sprecher von Palästinenserpräsident Mahud Abbas sprach von einer „Kampfansage“ an die internationale Gemeinschaft. Das Bauprojekt laufe den Versuchen zuwider, den Nahost-Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, sagte er. Unter amerikanischem Druck hatte Israel die weitere Besiedlung der Palästinensergebiete für zehn Monate gebremst.

Oberbürgermeister Nir Barakat ist aber entschlossen, ungeachtet der internationalen Proteste weiterhin im arabischen, von Israel annektierten Ostteil Jerusalems jüdische Wohnbauten zu errichten: Der entsprechende Grundsatzentscheid sei bereits 2003 gefasst worden, der Bauausschuss habe jetzt nur die praktischen Baubewilligungen erteilt. Die Jerusalemer Stadtverwaltung und die israelische Regierung weisen darauf hin, dass der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kürzlich verkündete Teil-Baustopp während zehn Monaten nur für Siedlungen im Westjordanland gelte, keinesfalls aber für Jerusalem.

Die drei dreistöckigen Wohnblocks mit ihren insgesamt 24 Wohnungen sollen direkt neben der „Beit Orot“-Jeschiwa an den westlichen Abhängen des Ölbergs errichtet werden. Die Grundstücke wurden vor rund 15 Jahren von dem jüdisch-nationalistischen amerikanischen Millionär Erwin Moskowitz – der auch schon andere Bauprojekte in Ostjerusalem finanziert hatte – vom armenischen Patriarchen erworben. Zunächst hatte der Kirchenfürst den Palästinensern das Land angeboten, aber sie konnten die Summe von 1,5 Millionen Dollar nicht aufbringen. Im Zusammenhang mit den „Beit Orot“- Wohnblocks wurde nun bekannt, dass das den Ölberg überragende „Seven Arches“-Hotel kürzlich von jüdischen Israelis erworben worden ist. Die Armee hält dort bereits Bildungsseminare ab und acht jüdische Familien sind in unmittelbarer Nähe in Wohnungen eingezogen. Das „Seven Arches“ gehörte ursprünglich zur Kette „Intercontinental“ und war im Sechstagekrieg 1967, als Israel auch Ostjerusalem eroberte, im persönlichen Besitz des jordanischen Königs Hussein gewesen.

Außerdem liegt bereits die Baubewilligung für 20 Häuschen auf dem Grundstück des ehemaligen Hotels „Shepard“ vor. Das Gleiche gilt für Dutzende Wohneinheiten im geplanten neuen jüdischen Wohnviertel „Kidmat Zion“. All diese Wohnblocks und -viertel befinden sich mitten im arabischen Wohngebiet in Ostjerusalem, das laut Völkerrecht palästinensisches Gebiet ist. Insgesamt leben heute rund 200 000 Israelis im arabischen Ostjerusalem.

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