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Nahost: Israel will Vergeltungsangriff

US-Präsident Bush stimmt einer Großoffensive im Gazastreifen angeblich zu. Bei seinem Geburtstagsbesuch warnte er erneut vor Iran.

Einen Tag nach dem palästinensischen Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in Südisrael wird ein militärischer Gegenschlag sehr wahrscheinlich. Mehrere Minister sprachen sich am Donnerstag für einen großangelegten Militäreinsatz im Gazastreifen aus. Der zu Besuch weilende US-Präsident soll seinen Gastgebern zu verstehen gegeben haben, dass die USA dafür Verständnis aufbrächten.

Bush versicherte am Donnerstag in seiner Rede vor der Knesset aus Anlass der israelischen 60-Jahr-Feiern seinen Gastgebern, dass sie sich auf die USA verlassen könnten: „Israels Bevölkerung mag nur knapp über sieben Millionen betragen. Doch wenn Sie gegen den Terror und das Böse angehen, sind Sie 307 Millionen stark, weil die USA ihnen beistehen.“ Heftig kritisierte Bush den Iran, den erklärten Feind Israels und dessen Atomrüstung: „Es wäre eine unverzeihlicher Verrat an den künftigen Generationen, wenn man dem weltweit führenden Terrorsponsor den Besitz der tödlichsten Waffen der Welt erlauben würde. Um des Friedens willen darf die Welt es nicht zulassen, dass der Iran nukleare Waffen besitzt.“

Doch Hamas hat Bush schon am Vorabend die Show gestohlen. Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Bewegung hat zwar nicht die Verantwortung für den Raketenangriff auf ein Einkaufszentrum in der am Mittelmeer liegenden 100 000-Einwohner-Stadt Aschkelon übernommen. Israel und die USA gehen jedoch davon aus, dass Hamas die Zustimmung zum Angriff gegeben hat und machen sie deshalb übereinstimmend für ihn verantwortlich. Dazu passen auch die kriegerischen Erklärungen führender Hamas-Politiker in den letzten Tagen, in denen sie ihren Willen zur Vernichtung Israels betonten und die Weigerung aussprachen, den jüdischen Staat jemals anzuerkennen. Verschiedene palästinensische Gruppierungen und Sprecher bezeichneten den Raketenangriff als „Begrüßungsgeschenk für Bush“ und erklärten, er sei aus Anlass des 60. Jahrestags der Nakba (Katastrophe) erfolgt, als welche die Palästinenser die Gründung Israels bezeichnen.

In Israel hat dieser Angriff, bei dem vier Personen schwer verletzt wurden – eine Ärztin und ihre Patientin sowie im Wartezimmer eine junge Mutter und ihr zweijähriges Baby – zu einem Schulterschluss von Koalitions- und Oppositionspolitikern und den Militärs geführt. Nachdem der amerikanische Präsident praktisch für eine großen Bodenoffensive Zustimmung signalisiert haben soll, fällt einer der wichtigsten Gründe weg, der die israelische Führung bisher noch zögern ließ. Bleiben die Furcht vor größeren eigenen Verlusten und die Frage nach dem „Tag danach“, welche dafür verantwortlich sind, dass noch kein Angriffsbefehl gegeben worden ist.

Israel und der Hamas ist klar, dass eine große israelische Bodenoffensive zahlreiche Opfer auf beiden Seiten, vor allem aber auch unter der palästinensischen Zivilbevölkerung, kosten wird. Seit dem israelischen Abzug aus dem Gazastreifen vor fast zwei Jahren und der anschließenden, von der Hamas ausgelösten und intensivierten Eskalation der Gewalt kommen laut offiziösen israelischen Angaben auf jeden israelischen Toten nicht weniger als 36 palästinensische. Doch unabhängige israelische Experten erklären, dass das wahre Verhältnis näher bei 1:100 liege.

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