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Nahost: Israelische Armee steht vor Gaza-Stadt

Nach ihrem Einmarsch in den Gazastreifen kommen israelische Truppen schnell voran - und haben offenbar ein klares Ziel. Der UN-Sicherheitsrat zeigt sich bei der Bewertung der Offensive hingegen weniger zielstrebig.

Nach achttägigen Luftangriffen hat Israel mit der Bodenoffensive im Gazastreifen begonnen. Israelische Medien berichteten von heftigen Kämpfen und zahlreichen Todesopfern unter den Palästinensern, nannten jedoch keine genauen Zahlen. Ein israelischer Armeesprecher sagte am Sonntagmorgen, 30 israelische Soldaten seien bislang bei Gefechten mit radikal-islamischen Hamas- Kämpfern verletzt worden, zwei davon schwer.

Nach Angaben von Augenzeugen sind die israelischen Bodentruppen am Sonntag bis kurz vor Gaza-Stadt vorgerückt. Panzer und Infanterie-Einheiten stünden in der früheren jüdischen Siedlung Nezarim, drei Kilometer südlich von Gaza-Stadt. In dem Bereich, etwa drei Kilometer von der Stadt Gaza entfernt, liegt eine Hauptverkehrsader im Gazastreifen. Auf diese Weise solle die Bewegungsfreiheit militanter Palästinenser eingeschränkt werden, die Raketen auf Israel abfeuern.

Israel habe auch eine Seeblockade über das Palästinensergebiet am Mittelmeer verhängt, meldete der Rundfunk. Auch die Luftangriffe wurden fortgesetzt. Am Morgen waren über dem Gazastreifen, einem der dichtbesiedeltsten Orte der Welt, immer wieder Rauchwolken von brennenden Gebäuden zu sehen.

UN-Sicherheitsrat kann sich nicht einigen

Trotz der Eskalation der Gewalt im Gazastreifen hat sich der Weltsicherheitsrat in der Nacht nicht auf eine gemeinsame Linie im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern geeinigt. Nach fast vierstündigen Beratungen sagte der amtierende Vorsitzende Jean- Maurice Ripert am Samstagabend (Ortszeit) in New York gleichwohl, es gebe eine "starke Übereinstimmung" bei den Mitgliedern, ihre ernsthafte Sorge über die Lage zu äußern. Die große Mehrheit verlange eine sofortige Waffenruhe. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich "extrem beunruhigt" über die israelische Bodenoffensive.

Der amerikanische UN-Vertreter Alejandro Wolff betonte dagegen, es schade dem Ansehen der Sicherheitsrats, Forderungen zu stellen, die nachher nicht befolgt würden. Israel sei ein Mitglied der Weltgemeinschaft. Sein Vorgehen dürfe nicht mit Aktionen einer Terrorgruppe wie der Hamas verglichen werden. Der britische UN-Botschafter John Sawers nannte es "sehr enttäuschend", dass sich das 15-Staaten-Gremium nicht auf einen Kompromiss verständigen konnte. Angesichts der Zuspitzung der Lage müsse alles für eine Waffenruhe getan werden.

Hamas greift USA und EU an

Die Hamas hat das Scheitern einer Erklärung des UN-Sicherheitsrats zum einem Waffenstillstand im Gazastreifen kritisiert. Das Geschehen im UN-Sicherheitsrat sei eine "Farce" und beweise, dass die USA und Israel die Entscheidungsfindung in dem Gremium beherrschten, erklärte Hamas-Sprecher Fausi Barhum am Sonntag. Der UN-Sicherheitsrat habe damit Israel die Möglichkeit gegeben, "sein Massaker" im Gazastreifen fortzusetzen.

Barhum warf der von Tschechien geführten EU-Ratspräsidentschaft zudem Einseitigkeit zugunsten Israels vor. Die EU unterstütze die von Israel im Gazastreifen begangenen "Verbrechen", kritisierte der Hamas-Sprecher. Der tschechische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Mirek Topolanek hatte die israelische Bodenoffensive im Gazastreifen am Samstag als "eher defensiv als offensiv" bezeichnet.

Bereits mehr als 460 Tote

Nach israelischen Angaben konzentrieren sich die Truppen auf die Zerstörung von Raketen-Abschussrampen im Norden des Gazastreifens. Ziel des Einsatzes sei es, den ständigen Raketenbeschuss israelischer Grenzorte zu unterbinden. Doch auch in der Nacht zum Sonntag feuerten militante Palästinenser weiter Raketen auf Israel ab. Acht Kassam-Raketen und sieben Mörsergranaten seien in Israel eingeschlagen, sagte ein Militärsprecher.

Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak hatte am Samstagabend gesagt, Israel wolle mit aller Entschlossenheit vorgehen, um seine Ziele im Gazastreifen zu erreichen. Er kündigte "schwierige Tage" in der Region an. Weitere zehntausende Reservesoldaten seien für die Fortsetzung der vor einer Woche begonnenen Offensive "Gegossenes Blei" einberufen worden, meldeten israelische Medien.

Vor Beginn der Bodenoffensive waren bei den Luftangriffen mehr als 460 Palästinenser ums Leben gekommen. Vier Israelis starben infolge palästinensischer Raketen. (sf/dpa/AFP)

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