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Politik: Nahost: Israels größte Offensive seit 20 Jahren

Bei der größten israelischen Offensive seit dem Libanonkrieg vor 20 Jahren sind am Dienstag zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 18 Palästinenser wurden in der Nacht zum Dienstag bei einem Angriff auf das Flüchtlingslager Dschebalija getötet.

Bei der größten israelischen Offensive seit dem Libanonkrieg vor 20 Jahren sind am Dienstag zahlreiche Menschen ums Leben gekommen. Mindestens 18 Palästinenser wurden in der Nacht zum Dienstag bei einem Angriff auf das Flüchtlingslager Dschebalija getötet. Zehn weitere Palästinenser starben bei Gefechten in anderen Teilen des Gazastreifens sowie in Ramallah. Bei einem palästinensischen Anschlag auf Fahrzeugkolonnen nahe der Grenze zu Libanon wurden mindestens sechs Israelis erschossen, ein weiterer fiel im Westjordanland einem Heckenschützen zum Opfer. US-Vizepräsident Cheney reiste unterdessen nach Jordanien.

Zum Thema Fotostrecke: Krieg in Nahost Die israelische Armee hält inzwischen den größten Teil der palästinensischen Westbank-Stadt Ramallah besetzt - mit Ausnahme der Gegend um den Amtssitz von Jassir Arafat. In einem Doppelschlag waren Truppen in der Nacht zum Dienstag in Ramallah und dessen Flüchtlingslager Amari, die benachbarte Stadt El-Bireh sowie in Dschebalija, dem größten Flüchtlingslager überhaupt, eingedrungen, hatten Häuser durchsucht, die dort gebliebenen Männer festgenommen, verhört und meist wieder freigelassen.

Vor allem in Dschebalija, nördlich von Gaza-Stadt, stießen die Israelis auf bewaffneten Widerstand. Mindestens 18 Palästinenser wurden getötet, mehrere Dutzend verletzt, während die Israelis keine eigenen Opfer meldeten. Nachdem die Soldaten neun Fabrikationsstätten von Kassam-Raketen und Waffenarsenale zerstört hatten, zogen sie sich am Morgen wieder zurück. Hubschrauber beschossen in der Nacht eine weitere Waffenschmiede in Gaza-Stadt, Marineboote Stellungen bei Dir el-Balakh. Bei einem Hubschrauberangriff auf einen Posten der palästinensischen Präsidialgarde "Force 17" bei Khan Younis kamen am Dienstagmorgen vier Palästinenser ums Leben.

Im Westjordanland wurden fünf Palästinenser bei den Kämpfen in Ramallah getötet, während zwei israelische Soldaten leicht verletzt wurden. In der nach wie vor besetzten Stadt Kalkiliyah wurden insgesamt 600 Palästinenser vorübergehend festgenommen und zahlreiche Waffen, darunter Raketen, beschlagnahmt.

In der Nähe der libanesischen Grenze feuerten fünf bewaffnete Männer, die sich als israelische Soldaten getarnt hatten, auf israelische Fahrzeuge und töteten mindestens sechs Insassen. Israelische Sicherheitskräfte erschossen zwei der Angreifer. Zu dem Anschlag bekannten sich die "Al-Aksa-Brigaden", der bewaffnete Arm von Arafats Fatah.

Das Vorgehen der israelischen Armee in den Flüchtlingslagern stieß im Ausland, aber auch in Israel auf zum Teil heftige Kritik. Augenzeugen berichteten, dass den Festgenommenen nicht nur die Augen verbunden und die Hände gefesselt wurden. Ihnen seien auch Nummern auf die Arme geschrieben worden. Israels Generalstabschef Shaul Mofaz und der für die Westbank zuständige General Yitzchak Gerschon bezeichneten dies als inakzeptable Einzefälle.

UN-Generalsekretär Kofi Annan rief indes in einem eindringlichen Appell zur Beendigung der Gewalt auf. "Das Ausmaß des Gemetzels ist Schrecken erregend", sagte Annan vor dem Weltsicherheitsrat.

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