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Nahost: Israels Siedlungen – von Palästinensern gebaut

200.000 Palästinenser sind abhängig von Jobs in Bau und Landwirtschaft in israelischen Siedlungen. Das macht Boykott unmöglich.

Palästinenser werden auch in Zukunft in den umstrittenen israelischen Siedlungen arbeiten. Die Palästinenser-Regierung hat entsprechende Boykottpläne auf Eis gelegt. Ab dem 1. Januar 2011 sollte es Palästinensern untersagt sein, Siedlungen zu bauen, in Siedler-Betrieben und deren Landwirtschaft zu arbeiten. Zuvor war vor knapp einem Jahr der Boykott aller in den Siedlungen hergestellten Waren ausgerufen worden.

Der palästinensische Ministerpräsident Salam Fayyad hatte mit den zwei Phasen des Boykotts die palästinensische Bevölkerung aus der Abhängigkeit von den Siedlungen befreien wollen. Phase eins, dem Boykottaufruf gegen Siedler-Produkte, war ein erstaunlicher Erfolg beschieden. Doch im Laufe der Monate ließ die Begeisterung der Bewohner des Westjordanlandes etwas nach. Im immer noch abgeriegelten Gazastreifen sind die Palästinenser ohnehin auf die aus Israel gelieferten Waren angewiesen, egal wo sie hergestellt wurden.

Doch Fayyad und seine verantwortlichen Minister verzichten nun darauf, die Gesetzesvorlage für ein Arbeitsverbot in den Siedlungen zur Abstimmung zu bringen. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass es im Westjordanland, das die Regierung Fayyad kontrolliert, keine anderen Arbeitsplätze gibt – und das, obwohl sich die wirtschaftliche Lage dort verbesserte, seit Israel den Zugang in die Westbank erleichtert hat. Aus Fayyads Umgebung verlautet nun, dass man niemals die Absicht gehabt habe, die Arbeit in den Siedlungen zu untersagen, solange es keine Alternativen gebe.

Der umstrittene Siedlungsausbau, dessen Einstellung die Palästinenserführung als Vorbedingung für die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen mit Israel ultimativ fordert, erfolgt, paradox genug, damit weiter ausschließlich durch palästinensische Bauarbeiter. Rund 22 000 Palästinenser besaßen im letzten Jahr, israelischen Angaben für die internationale Spenderkonferenz zufolge, Arbeitsbewilligungen für die Siedlungen und deren Industriebezirke. Weitere 10 000 arbeiteten ohne entsprechende Bewilligungen – und es werden immer mehr. Heute dürften rund 35 000 Palästinenser die Siedlungen ausbauen, in den Betrieben arbeiten und den Siedler-Landwirten als Saisonarbeiter aushelfen. Insgesamt 200 000 Palästinenser sind damit von den Lohngeldern aus den Siedlungen abhängig.

Zwei Jahre nach der Operation „Gegossenes Blei“, dem mörderischen Gazakrieg, trafen sich nun in Tel Aviv der israelische Koordinator der Aktivitäten in den besetzten palästinensischen Gebieten, Generalmajor Eitan Dangut, der palästinensische Minister für Zivilangelegenheiten, Hussein Al Sheikh, und führende palästinensische Verantwortliche für die Grenzübergänge. Sie berieten über gemeinsame Projekte sowohl im Westjordanland als auch bemerkenswerterweise im Gazastreifen, der unter Hamas-Kontrolle steht, und insbesondere über Erleichterungen des grenzüberschreitenden Güterverkehrs.

Der könnte etwa dadurch flüssiger werden, dass an den Übergängen zwischen dem Gazastreifen und Israel Repräsentanten der in Ramallah residierenden Palästinenserbehörde stationiert würden. Bisher kontrolliert dort die radikalislamische Hamas.

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