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Nahost-Konflikt: "Es gibt keine militärische Lösung"

Angesichts der Lage im Libanon mehren sich die Rufe nach einem sofortigen Waffenstillstand. Libanons Regierungschef Siniora beschuldigt Israel, sein Land "in die Hölle" zu führen.

Beirut - Russland forderte ein "unverzügliches" Ende der Kämpfe und warnte vor einer "großen Katastrophe". Auch deutsche Politiker verlangten einen sofortigen Waffenstillstand. Der Außenausschuss des Bundestags kam in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen. Dabei warfen Grüne und Linkspartei der Bundesregierung Untätigkeit vor. In der libanesischen Hauptstadt Beirut griff die israelische Luftwaffe unterdessen einen Bunker der Hisbollah an.

Das russische Außenministerium erklärte, bei der derzeitigen kritischen Lage in Nahost müsse ein unverzüglicher Waffenstillstand "die erste dringliche Maßnahme" sein. Anderenfalls drohe eine "große Katastrophe" im Libanon und den Palästinensergebieten. Auch Ägypten forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe und rief die Weltgemeinschaft auf, Verantwortung zu übernehmen. "Für dieses Problem wird es keine militärische Lösung geben", erklärte Außenminister Ahmed Abul Gheit bei einem Besuch in London. "Das Ziel muss eine politische Einigung sein."

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und ihr Amtsvorgänger Carl-Dieter Spranger (CSU) veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie "einen sofortigen Waffenstillstand aller Beteiligten" forderten, "damit Tod und Leid der Zivilbevölkerung (...) beendet werden und die Politik wieder zu ihrem Recht kommen kann". Papst Benedikt XVI. rief die Gläubigen auf, am Sonntag für einen Waffenstillstand in Nahost zu beten.

Die Vereinigten Staaten machten Israel laut US-Zeitungsberichten klar, dass sie den Einsatz nicht ewig unterstützen würden. UN-Generalsekretär Kofi Annan wollte am Donnerstag mit US-Außenministerin Condoleezza Rice sprechen. Der Sicherheitsrat der Uno konnte bislang keinen Waffenstillstand in Nahost fordern, weil die USA - als eines der fünf ständigen Mitglieder mit Vetorecht - dies ablehnen. Annan wollte auch mit dem Außenbeauftragten der Europäischen Union reden, Javier Solana.

Siniora: Hisbollah entwaffnen

Libanons Regierungschef Siniora bat die Weltgemeinschaft um Hilfe. "Die ganze Welt soll uns helfen, die Hisbollah zu entwaffnen", sagte er der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Die Hisbollah sei "ein Staat im Staat" geworden. "Wir wissen das sehr wohl, und es ist ein großes Problem." Es sei "ein offenes Geheimnis", dass die Organisation "sich nach den politischen Vorstellungen aus Damaskus und Teheran richtet". Der Libanon sei zu schwach, um sich gegen die syrische Vorherrschaft zu verteidigen.

Vor einer Entwaffnung der Hisbollah müsse Israel aber seine "verbrecherischen Bombardierungen" einstellen. "Solange die Angriffe andauern, können wir nichts tun, und die Lage wird nur noch schlechter", sagte Siniora. Mit den Angriffen auf Zivilisten treibe Israel der Hisbollah nur neue Sympathisanten zu.

Israelische Luftwaffe greift Hisbollah-Bunker in Beirut an

Im Süden der libanesischen Hauptstadt griff die israelische Luftwaffe in der Nacht zu Donnerstag nach Angaben eines Armeesprechers einen Bunker an, in dem Hisbollah-Führer vermutet wurden. Rund zwanzig Flugzeuge warfen etwa 20 Tonnen Bomben ab. Nach Angaben der Hisbollah handelte es sich nicht um einen Bunker, sondern um eine im Bau befindliche Moschee.

Im südlichen Libanon war die israelische Armee den zweiten Tag in Folge in Bodenkämpfe mit der Hisbollah-Miliz verwickelt. Israel hatte den Libanon vor neun Tagen angegriffen, nachdem die Hisbollah zwei israelische Soldaten entführt hatte. Am Mittwoch bombardierte das Militär auch die Innenstadt von Beirut. Bislang kamen rund 330 Libanesen ums Leben, hunderttausende sind auf der Flucht. (tso/AFP)

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