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Politik: Nahost-Konflikt: Mächtig zurückhaltend

Taugt die Europäische Union für eine Vermittlerrolle in Nahost? Der Anspruch der Europäer jedenfalls liegt seit der jüngsten Nahost-Reise des deutschen Außenministers Joschka Fischer auf der Hand.

Taugt die Europäische Union für eine Vermittlerrolle in Nahost? Der Anspruch der Europäer jedenfalls liegt seit der jüngsten Nahost-Reise des deutschen Außenministers Joschka Fischer auf der Hand. Die Reisediplomatie der kommenden Tage wird diesen Anspruch noch unterstreichen: Für den Beginn der kommenden Woche wird der Beauftragte für die Europäische Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, in der Krisenregion erwartet. Zuvor will Fischer am kommenden Samstag bei einem Treffen mit Palästinenser-Präsident Jassir Arafat am Rande der UN-Konferenz in Durban versuchen, die Idee eines Gipeltreffens mit dem israelischen Außenminister Schimon Peres am Leben zu erhalten.

Fischer gab seinen neuerlichen Nahost-Vorstoß am Donnerstag bei einer Begegnung mit seinem französischen Amtskollegen Hubert Védrine bekannt. Der deutsche Außenminister und Védrine spielen die zunehmend gewichtigere europäische Rolle in Nahost gern - aber sie hoffen beide doch, dass die USA wieder verstärkt am Vermittlungsprozess teilnehmen. Washington hat aber angesichts der andauernden Gewalt in Israel und den Palästinensergebieten ein grundsätzliches Problem damit: Gerade weil die USA so viel diplomatisches Gewicht in der Region haben, würde Washington bei einem Vermittlungs-Fehlschlag viel Glaubwürdigkeit einbüßen.

Védrine kritisierte am Donnerstag nach seinem Treffen mit Fischer die "abwartende Haltung" der USA. In der Tat will US-Außenminister Colin Powell erst einmal prüfen, wieviel Substanz der gegenwärtige Gesprächsprozess tatsächlich hat. Was aber nicht heißt, dass Washington nichts tut, um die gegenwärtige Lage in der Region zu entschärfen. Dass die USA nicht bereit seien, die Besetzung des Palästinenserdorfes Beit Jallah durch israelische Soldaten mitzutragen, ließ Powell den Palästinser-Präsidenten Arafat am Mittwoch wissen. Powell, so teilte der US-Außenminister ihm am Telefon mit, habe die Israelis zum Rückzug aus dem Ort gedrängt.

Gegen palästinensische Rhetorik

Gleichzeitig forderte Powell seinen Gesprächspartner aber auch auf, Garantien für die Sicherheit der Israelis zu übernehmen. Der US-Außenminister machte Arafat deutlich, dass die Palästinsenser auch ihre anti-israelische Rhetorik aufgeben müssten, bevor es mit dem Friedensprozess ernsthaft weitergehen könne.

Zuvor hatte sich Powell vom belgischen Außenminister Louis Michel über den Stand der europäischen Vermittlungsbemühungen informieren lassen. Belgien hält derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne, reklamiert aber kein Exklusivrecht auf die EU-Diplomatie in Nahost. Aus diesem Grund stehe man auch den Vermittlungsbemühungen Fischers zwischen Arafat und Peres positiv gegenüber, heißt es im belgischen Außenministerium. Belgiens Außenminister führt derzeit parallele Gesprächen mit Washington und Moskau im Geist des Friedensabkommens von Oslo.

Es gibt zwar eine eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union und auch einen schwergewichtigen Vertreter dieser Politik - den ehemaligen Nato-Generalsekretär Javier Solana. In schwer lösbaren Dauerkonflikten wie im Nahen Osten sieht diese Gemeinsame Außenpolitik der EU vor allem aber so aus: Jedes EU-Mitglied nutzt die Kontakte, über die es in der jeweiligen Krisenregion verfügt. Im Fall Deutschlands kann Fischer das Kapital einer Aussicht auf Vermittlung vorweisen - zwischen den beiden Kontrahenten Peres und Arafat.

Die Waffenruhe, die der israelische Außenminister und der Palästinenser-Präsident am Mittwoch für Beit Jallah vereinbarten, hat denn auch viele Väter - unter anderem den italienischen Außenminister Renato Ruggiero, der zeitgleich in der Region zwischen Palästinensern und Israelis pendelte. Allerdings will man sich in den Hauptstädten der EU nichts vormachen: Zu dem Abzug der israelischen Soldaten aus dem Dorf bei Bethlehem wäre es wohl kaum gekommen, wenn US-Außenminister Colin Powell nicht Druck auf Israel ausgeübt hätte.

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