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Nahost: Planen für die Zeit danach

Unter US-Vermittlung beginnen indirekte Gespräche in Nahost – die Palästinenser glauben aber nicht an einen Erfolg.

Israel und die Palästinenser werden zwar gemäß amerikanischer Ankündigung indirekte Annäherungsgespräche führen. Doch vor allem die Palästinenser glauben nicht an deren Erfolg. Der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, George Mitchell, wird ab kommender Woche die indirekten Verhandlungen zwischen Jerusalem und Ramallah führen. Er wird jeweils eine Woche pro Monat zwischen beiden Städten pendeln und dabei versuchen, die Grundlagen für direkte Verhandlungen zu schaffen.

Vorgesehen ist auch, dass Mitchell die beiden Delegationen unter den Chefunterhändlern Saeb Erakat beziehungsweise Yitzchak Molcho nötigenfalls nach Washington zu zusätzlichen Gesprächen vorlädt. Die Amerikaner haben klar gemacht, dass Mitchell es nicht beim Überbringen der Fragen und Antworten der einen an die andere Seite belassen wird, sondern eine aktive Rolle zu spielen gedenkt, also eigene Vorschläge einbringen will.

Erakat hat allerdings im Namen der Palästinenserführung deren Forderung wiederholt: Mitchell und die USA dürften es nicht bei der Rolle eines Vermittlers belassen, sondern sollten Entscheidungen treffen, also den Richter spielen bei Differenzen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte in seinem Gespräch mit Mitchell am Dienstag gar die USA auf, bei einem Misserfolg der Vermittlungsbemühungen einen Staat Palästina anzuerkennen.

Noch bevor US-Vizepräsident Joe Biden an diesem Mittwoch in Ramallah mit Abbas zusamentrifft, drückte Erakat seinerseits die Hoffnung aus, dass die USA beziehungsweise die internationale Gemeinschaft einen eigenen Plan zur Konfliktlösung vorlegen, der dann Israel aufgezwungen werden soll. Die nun beginnenden Annäherungsgespräche über die Grenzziehung, den künftigen Status Jerusalems und das Flüchtlingsproblem stellten eine letzte Chance dar. Falls sie (erwartungsgemäß) in vier Monaten mit einem Misserfolg enden sollten, wollen die Palästinenser den UN-Sicherheitsrat einschalten, damit dieser die Grenzlinie von 1967 zwischen Israel und dem Westjordanland als offizielle Grenze des künftigen Staates Palästina anerkennt.

Nimer Hamad, politischer Berater von Abbas, warnte seinerseits: Falls keine echten Fortschritte bei den Gesprächen erzielt würden, würden die Palästinenser einseitig ihren eigenen Staat ausrufen. Hochgestellte Fatah-Politiker machten klar, dass sie mit einem Misserfolg der Mitchell-Mission rechnen. Der Konflikt könnte bereits im Sommer in einen Religionskrieg zwischen dem Islam und dem Judentum umgewandelt werden. Die beiden Fatah-Exekutivmitglieder Nabil Shaath und Tawfik Tirawi riefen unabhängig voneinander zu einer Intensivisierung des friedlichen Volkswiderstandes gegen die Besatzungsmacht Israel auf, wie ihn auch die offizielle Palästinenserführung zu unterstützen verspricht.

Biden riet Israels Staatspräsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beiden Konfliktparteien, jetzt einen Schritt zurückzutreten, tief Atem zu holen und dann bei den Gesprächen vorwärtszukommen. Es gebe viel mehr Übereinstimmungen als Differenzen. Neue israelische Baupläne im umstrittenen nordöstlichen Teil Jerusalems kritisierte er bei seinem Besuch in der Stadt jedoch ungewöhnlich scharf: Dies sei „genau jene Art von Maßnahme, die das jetzt notwendige Vertrauen unterwandert und den konstruktiven Gesprächen zuwiderläuft, die ich hier in Israel hatte.“

Die Palästinenser beschuldigten Biden, sich bei den Gesprächen mit Israel zu sehr auf den Iran zu konzentrieren. mit dpa

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