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Nahost: Syrien-Kritiker um Hariri gewinnen Wahlen in Libanon

Das aus den anti-syrischen Protesten hervorgegangene Oppositionsbündnis um den Sohn des ermordeten früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri hat die Wahlen in Libanon gewonnen. Hariris Herausforderer, der frühere Regierungschef Michel Aoun, räumte seine Niederlage ein.

Beirut (20.06.2005, 17:11 Uhr) - Das Bündnis habe bei der vierten und entscheidenden Etappe am Sonntag im Norden des Landes alle 28 noch unbesetzten Parlamentssitze errungen, hieß es am Montag aus Hariri nahe stehenden Kreisen.

Damit würde der Hariri-Block, dem auch Drusenführer Walid Dschumblatt angehört, 72 der 128 Abgeordneten stellen, 35 die pro-syrischen Schiiten Partein Hisbollah und Amal sowie 21 die Liste des erst vor einem Monat aus dem Pariser Exil zurückgekehrten Aoun. Allerdings verfehlte das Oppositionsbündnis eine Zwei-Drittel-Mehrheit, mit der es den prosyrischen Präsidenten Émile Lahoud hätte stürzen können.

Hariri kündigte an, sein Bündnis werde dafür arbeiten, den Libanesen ihren «Wunsch nach Wandel» zu erfüllen. Die künftige Regierung wird sich nach Einschätzung von Beobachtern nach dem Abzug der syrischen Truppen vor sieben Wochen aktiv gegen jede künftige Einmischung des «Großen Bruders» in Damaskus wehren. Aoun erklärte dagegen: «Wir werden sie und die «Hariri-Korruption» bekämpfen.

Der Geschäftsmann Saad Hariri ist 35 Jahre alt. Die Ermordung seines Vaters, Ex-Regierungschef Rafik Hariri, im vergangenen Februar hatte den sunnitischen Milliardärssohn innerhalb weniger Wochen in die politische Arena katapultiert. Das Attentat löste eine Protestbewegung aus, die den Abzug der Syrer, die 1976 während des Bürgerkrieges ins Land gekommen waren, beschleunigte.

Bei der vierten Wahletappe am Sonntag ging es um die Besetzung von 28 der insgesamt 128 Parlamentssitze. Die Wahlbeteiligung lag nach Schätzungen mit 48 Prozent vergleichsweise hoch. Europäische Wahlbeobachter bezeichneten am Montag den Urnengang insgesamt als «friedlich und gut organisiert». An den vier Wahlsonntagen waren rund drei Millionen Libanesen wahlberechtigt, die zu 59 Prozent Muslime und zu 41 Prozent Christen der verschiedensten Konfessionen sind.

Das konfessionelle Proporzsystem Libanons legt fest, wie viele Angehörige der einzelnen Religionsgruppen im Parlament vertreten sind. Der Staatspräsident muss zudem maronitischer Christ, der Regierungschef ein sunnitischer Muslim und der Parlamentssprecher ein schiitischer Muslim sein. (tso)

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