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Bodentruppen Gaza

© dpa

Nahostkonflikt: Israelische Bodentruppen dringen in Gazastreifen vor

Die Offensive beginnt: Eine Woche dauern die israelischen Angriffe bereits an - jetzt sind erstmals Bodentruppen in den Gazastreifen vorgedrungen. Panzer eröffneten im Norden des Gazastreifens das Feuer auf Stellungen der Hamas. Nach Angaben der israelischen Armee sind bereits zahlreiche bewaffnete Palästinenser getötet worden.

Begleitet von heftigen Kämpfen hat nach Angaben der israelischen Armee am Samstagabend die zweite Phase der "Operation Gegossenes Blei" begonnen. Eine "bedeutende Anzahl von Truppen" sei daran beteiligt, teilte am Samstagabend die Armee mit. Israel wolle Gebiete einnehmen, von denen aus militante Palästinenser seit Monaten Raketen auf israelisches Territorium geschossen hätten, erklärte das Büro von Regierungschef Ehud Olmert. Der Kampfeinsatz werde "mehrere Tage" dauern.

Nach Angaben von Augenzeugen eröffneten israelische Panzer im Norden des Gazastreifens in der Nähe von Beit Lahija das Feuer auf Stellungen der radikalislamischen Hamas. Die Luftwaffe bombardierte zudem ein Treibstofflager. Die vordringenden Panzerfahrzeuge wurden von Apache-Hubschraubern unterstützt. Die israelische Armee warnte in einer Erklärung die Bevölkerung des Gazastreifens davor, "bewaffneten Terroristen" Unterschlupf zu gewähren.

Nach Angaben eines israelischen Armeevertreters wurden bei den Kämpfen "dutzende Terroristen getötet und dutzende weitere verletzt". Auf israelischer Seite habe es keine Verluste gegeben. Nach Angaben von Rettungskräften starb bei israelischem Panzerbeschuss nahe des Flüchtlingslagers Dschabalija ein elfjähriges Kind. Elf weitere Kinder seien verletzt worden.

Die Hamas reagierte mit Drohungen auf den Einmarsch. "Mit Gottes Hilfe wird Gaza für euch zum Friedhof werden", erklärte Hamas-Sprecher Ismail Radwan im Fernsehsender der Organisation. Zuvor hatte die Hamas für den Fall einer Bodenoffensive mit der Entführung israelischer Soldaten gedroht. Der bewaffnete Hamas-Arm, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, erklärte, Israel werde für seine Offensive "einen hohen Preis" bezahlen. Nach Angaben der Brigaden starben nach Beginn der Bodenoffensive mehrere israelische Soldaten bei der Explosion eines ferngesteuerten Sprengsatzes.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte die Bodenoffensive scharf. Die israelische Aggression im Gazastreifen werde schwere Folgen für die Region nach sich ziehen, erklärte Abbas in Ramallah. Er forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats.

Israelische Armee mobilisiert Tausende von Reservisten

Kurz nach Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen hat die israelische Armee unterdessen die Mobilisierung von Tausenden von Reservisten eingeleitet. Die Regierung des amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert habe die Genehmigung dazu am Samstagabend erteilt, berichtete das israelische Radio. Nach Angaben eines Armeesprechers sollen an der Bodenoffensive eine große Zahl an Truppen aus allen Bereichen der Streitkräfte teilnehmen.

Nach Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen rechnet Israel auch an der Grenze zum Libanon mit Auseinandersetzungen. "Wir sind für alle Eventualitäten gewappnet", erklärte Verteidigungsminister Ehud Barak am Samstagabend. Er hoffe aber, dass es an der im Norden Israels gelegenen Grenze zum Libanon ruhig bleibe, betonte Barak. Israel hatte nach der Entführung von zwei seiner Soldaten durch schiitische Hisbollah-Milizen im Sommer 2006 einen Krieg gegen den Libanon geführt, bei dem in dem Land mehr als 1200 Menschen starben.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah erklärte nach Beginn der israelischen Bodenoffensive erneut seine Solidarität mit der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen. Die Hamas und andere "Widerstandskämpfer" würden der israelischen Armee "die größtmöglichen Verluste" zufügen, sagte Nasrallah in einer auf einer Leinwand vor tausenden Zuschauern in einem südlichen Vorort Beiruts übertragenen Rede. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Hamas und ihre Verbündeten den Kampf gegen die israelische Armee gewinnen werde.

Weltweite Proteste

Am Samstag gingen die internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Gewalt im Nahen Osten weiter. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an die islamischen Staaten, all ihren Einfluss für eine Beendigung der Raketenangriffe radikaler Palästinenser auf israelisches Territorium geltend zu machen. Dies allein könne den Weg für eine Waffenruhe öffnen, in der diplomatische Aktivitäten für eine politische Lösung des Konflikts ergriffen werden könnten, sagte Steinmeier nach Angaben seines Ministeriums in einem Telefonat mit seinem türkischen Amtskollegen Ali Babacan.

Weltweit protestierten erneut Zehntausende gegen den israelischen Militäreinsatz. Allein in Deutschland wurden weit mehr als 20.000 Demonstranten gezählt: In Frankfurt am Main kamen rund 10.000 Menschen zusammen, in Berlin gab die Polizei die Zahl der Demonstranten mit etwa 7000 an, in Düsseldorf waren es rund 4000. In Paris bekundeten nach Angaben der Veranstalter etwa 25 000 Menschen ihre Solidarität mit den Palästinensern. In Großbritannien versammelten sich in rund 20 Städten ebenfalls deutlich mehr als 10.000 Menschen zu Protestaktionen. Auch in Israel selbst gab es Demonstrationen, an denen sich vor allem israelische Araber beteiligten. (jam/AFP/dpa)

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